Mülheim. . Mülheimer machen von ihrem Recht Gebrauch: 4534 Widersprüche gegen die Grundsteuererhöhung sind bislang eingegangen. Der Erfolg ist fraglich.
Das Tagesgeschäft musste die Stadtverwaltung in den vergangenen Wochen kräftig zurückschrauben. Der Grund? Die Grundsteuer. Vier Mitarbeiter beackerten den dicken Stapel an Widersprüchen acht Stunden am Tag, ein weiterer in Teilzeit. Denn die Mülheimer machten von ihrem Recht reichlich Gebrauch: 4534 Widersprüche gingen inzwischen bei der Stadt ein sowie eine Klage als Folge des Widerspruchsbescheids.
Die Grundsteuer wird zur Kraftprobe für die Verwaltung. Nur knapp die Hälfte des Aktenbergs hat sie bislang abtragen können, noch aktuell sind drei bis sechs Mitarbeiter mit den Erwiderungen beschäftigt. Dabei dürften rein rechtlich die Entgegnungen der Bürger ins Leere laufen, so entschied etwa das Düsseldorfer Verwaltungsgericht vor zwei Jahren im Fall Duisburg, dass der Rat einen „weiten Ermessungsspielraum“ habe und wies Klagen gegen die Erhöhung ab.
2500 E-Mails erreichten das Mülheimer Bürgeramt
Doch die Empörung über die von SPD, CDU und Grüne mehrheitlich beschlossene Grundsteuererhöhung um 39 Prozent hat noch weitere Wellen geschlagen. Zusätzlich gingen im Bürgeramt 2500 E-Mails, 2100 Anrufe sowie 500 persönliche Besuche nur in dieser Sache ein. Ergebnis: Das Jahresüberstundenkonto der Stadtbeschäftigten dürfte folglich schon jetzt prall gefüllt sein.
Hinzu kommt, dass etliche Eigentümer ihre Grundsteuer nicht fristgerecht gezahlt haben und nun angemahnt werden müssen. 2774 angemahnte Positionen hat die Stadt erfasst, wobei auch solche einfließen, die etwa ihre Gewerbesteuer noch nicht entrichtet haben. Wie viele Eigentümer aufgrund der Grundsteuererhöhung ihrer Stadt die Einzugsermächtigung entzogen haben, kann die Verwaltung zwar nicht bestimmen. Verblüffend ist dabei aber, dass die Zahl der Mahnungen – so teilt die Stadt mit – im Vergleich zum selben Zeitraum im vergangenen Jahr insgesamt sogar um 14 Prozent gesunken sein soll.
Vorlagen zum Herunterladen
Es bleibt jedoch der massive Bürgerprotest in Form der Widersprüche. Ob die verschieden angebotenen Formulare für die Flut an Schreiben gesorgt haben? Die Mülheimer Bürger Initiativen (MBI) etwa hatten Vorlagen mit Argumenten gegen die „die fantasie- und perspektivlose Grundsteuererhöhungsorgie“ über ihre Internetseite zum Herunterladen bereit gestellt. Auf Bürgerversammlungen, in sozialen Netzwerken und
nicht zuletzt auf einer Demonstration mit gut 650 Mülheimern wurde der Ruf nach dem „Sparkommissar“ aus Düsseldorf laut. Offenbar traut man der hiesigen Politik die Schuldenbewältigung nicht mehr zu.
Für die Mülheimer Bürokratie spielt es jedoch zunächst keine Rolle, ob das Schreiben nun aus eigener Feder oder aus dem Baukasten stammt – „es folgt eine individuelle Prüfung jedes Widerspruchs“, gibt Stadtsprecher Volker Wiebels Auskunft. Danach sollen die Schreiben in gleichartige Kategorien sortiert und dann wohl entsprechend einheitlich beantwortet werden. Spezielle Darstellungen in den Schreiben würden zurückgestellt, bis das Hauptargument beantwortet sei. Ein aufwändiges wie kompliziertes Verfahren, das die Verwaltungskräfte in den kommenden Wochen weiter strapazieren wird.