Mülheim. . Ein Großauftrag von BMW ist ausgeblieben, nun steht die Zukunft der Thyssen-Krupp-Tochter Presta Steer Tec in Mülheim-Saarn in Frage. Der Automobilzulieferer braucht dringend Aufträge. Der Betriebsrat fürchtet mit 350 Mitarbeitern um den Standort. Am Dienstag ist Betriebsversammlung.
Die Zukunft kann an einem einzigen Auftrag hängen. Diese Erfahrung machen zurzeit 350 Beschäftigte beim Saarner Automobilzulieferer Presta Steer Tec. Weil der zum Thyssen-Krupp-Konzern gehörenden Gesellschaft ein Großauftrag von BMW durch die Lappen ging, steht nun mit einem Schlag die Zukunft des Mülheimer Standortes in Frage. Heute wollen die Beschäftigten auf einer Betriebsversammlung von der Geschäftsführung hören, wie es weitergehen kann.
Hätte Presta Steer Tec von BMW den heiß begehrten Auftrag bekommen, 4,3 Millionen Lenkungen für die neue „BMW Plattform 35up“ zu bauen – es wäre laut dem Betriebsratsvorsitzenden Fredy Biedermann einer Beschäftigungsgarantie für das Saarner Werk bis zum Jahr 2030 gleichgekommen. Ohne BMW-Auftrag aber gerate der Standort in Gefahr, wenn die Liechtensteiner Presta-Holding nicht einlenke und das Werk mit Aufträgen für andere Komponenten versorge.
Geschäftsführer: Kosten runter, Aufträge rein
„Es ist nicht die Zeit, die Totenglöckchen zu läuten“, sagte am Abend ein Konzernsprecher auf Anfrage.
„Wir stehen hier am Standort schon seit einiger Zeit unter hohem Wettbewerbsdruck. Gemeinsam mit der Mitbestimmung sind wir fest entschlossen, Perspektiven zur Sicherung des Unternehmens zu entwickeln“, ließ sich Thomas Benzler, Mitglied der Geschäftsführung der Mülheimer Gesellschaft, zitieren. „Wir müssen es schaffen, die Kostenstruktur deutlich zu senken und gleichzeitig Neuaufträge zu sichern.“
Zu einem möglichen Stellenabbau äußerte er sich nicht.
Erst seit 2013 ist Mülheim Hauptsitz von Steer Tec, nachdem die Produktion im Düsseldorfer Werk ausgelaufen war. Ein weiteres Werk in Schönebeck bei Magdeburg produziert mit 600 Mitarbeitern für das Mülheimer Werk Zulieferteile und ist nun, nach der Absage von BMW, ebenfalls hart getroffen. Schon in der jüngeren Vergangenheit hatten die Mülheimer Beschäftigten auf Lohnbestandteile verzichten müssen, nun sehen sie sich gar mit existenziellen Fragen konfrontiert. 45 Jahre betrage das Durchschnittsalter in der Belegschaft, so Biedermann. Betriebsbedingte Kündigungen wären ein Desaster.
Heute um 13.30 Uhr ist eine Betriebsversammlung angesetzt. Konzern- und Gesellschaftsleitung sind aufgefordert, in der Versammlung Stellung zu beziehen. Laut Biedermann gab es dazu gestern Mittag noch keine Zusagen. Der Betriebsrat fordert, schnellstmöglich in die Zukunftsplanungen der Arbeitgeberseite einbezogen zu werden. „Wir müssen Aufträge nach Mülheim bekommen“, so Biedermann. Seit einem Jahr schon stehe die Forderung der Standortsicherung ohne betriebsbedingte Kündigungen und Investitionen in neue Produkte, die in Saarn gefertigt werden könnten.
Beim letzten Punkt knirscht es im Gebälk. In einer Mitarbeiter-Info hatte die Geschäftsleitung unlängst erklärt, BMW habe sich „aus technischen und wirtschaftlichen Gründen“ für ein Lenkungssystem eines Mitbewerbers von Presta Steer Tec entschieden. „Da muss man sich schon fragen, was in Liechtenstein verkehrt gemacht worden ist“, so Biedermann.