Mülheim. Die Erhöhung der EEG-Umlage zum Jahreswechsel macht einen Preisvergleich für Stromverbraucher sinnvoll. Ein Musterhaushalt in Mülheim kann bei einem Anbieterwechsel mehr als 200 Euro sparen, zeigt ein aktueller Tarifvergleich. Ex-Monopolist RWE fällt weiter unangenehm auf.
Mit der Erhöhung der staatlichen Stromabgaben rechtfertigen zum Jahreswechsel zahlreiche Versorger ihre Preiserhöhungen. Laut NRW-Verbraucherzentrale werden die Preise im Schnitt um 3 % steigen. Das ist zwar weniger üppig als zum Jahreswechsel 2012/13, als die Preise nahezu explodierten. Aber auch jetzt raten die Verbraucherschützer zum Preisvergleich. Es kann sich richtig lohnen, zeigt ein aktueller Blick auf Mülheims Strommarkt.
Nach der Marktliberalisierung tummeln sich weit mehr als 100 Anbieter auf dem Markt. Die Konkurrenz ist enorm, doch der ehemalige Monopolist RWE verlangt ungeachtet dessen, wohl wegen der weiterhin geringen Wechselbereitschaft der Stromkunden, weiterhin unverhältnismäßig hohe Preise.
RWE nutz Wechselfaulheit aus
Die WAZ hat die Tarife für einen Jahresverbrauch von 3500 kWh (weniger sparsame Zwei-Personen-Haushalte ohne elektrische Warmwasseraufbereitung) in den Blick genommen. Dabei ließ sie Tarife mit Paketpreis, Kaution und Vorauszahlung gemäß Empfehlung von Verbraucherberatern außen vor. Zunächst auch unberücksichtigt blieben einmalige Bonuszahlungen (siehe Info-Kasten).
Viele Anbieter locken mit Boni
Viele Anbieter locken Neukunden mit Bonuszahlungen, im Medl-Tarif „medlstrompur“ erhalten Kunden etwa nach einem vollen Bezugsjahr 20 Euro gutgeschrieben.
Andere Anbieter versprechen üppigere Neukunden-Boni – im ersten Jahr des Strombezugs locken sie in der Summe auch mit einem geringeren Preis als die Medl.
Der preisgünstigste Anbieter unter Berücksichtigung der Boni im ersten Bezugsjahr ist laut Verivox.de nochmals 50 Euro günstiger als die Medl (bei einem Jahr statt einem Monat Vertragslaufzeit).
Platzhirsch RWE taucht in diesem Vergleich mit sieben Tarifen auf, am günstigsten ist dabei der Online-Tarif „Pur Strom Online“. Für 3500 kWh Strom würde RWE in diesem Tarif aktuell 1013,06 Euro in Rechnung stellen. Wer keine Online-Abwicklung wünscht, fährt bei RWE mit dem Tarif „SmartLineStrom“ am günstigsten (1066,66 Euro). Im Grundversorger-Tarif „Klassik Strom“ verlangt RWE gar 1114,14 Euro für die besagte Strommenge. RWE findet sich damit nahezu durchgehend am unteren Ende des Preisvergleichs wieder. Fazit: Der Konzern verlangt aufgrund der weiter mangelhaft ausgeprägten Wechselbereitschaft weiter Mondpreise, als wäre er noch als Monopolist unterwegs und keinem Konkurrenzdruck ausgesetzt.
Medl ist am günstigsten
Die Spanne zwischen preisgünstigstem Stromtarif und den RWE-Tarifen liegt aktuell zwischen 138 und gut 240 Euro. Dieses Geld könnten Stromverbraucher in Mülheim sparen, wenn sie sich doch mal zu einem Anbieterwechsel entschließen könnten.
Preisführer in Mülheim ist in unserem Vergleich tatsächlich der Mülheimer Energiedienstleister Medl. Seit Juli 2012 vertreibt das heimische Unternehmen mit „medlstrompur“ ein reines Stromprodukt. Dank bisher stabil gehaltenem Bruttopreis, den Geschäftsführer Gerd Bachmann bis mindestens Ende März 2014 garantiert, sind für 3500 kWh Strom weiterhin „nur“ 850 Euro fällig. Selbst Ökostrom ist deutlich günstiger zu haben als Graustrom von RWE.
Eine Checkliste zum Anbieterwechsel
Nicht jeder Stromtarif, der bei Vergleichsportalen mit niedrigem Preis ins Auge fällt, ist auch tatsächlich zu empfehlen. Beim Anbieterwechsel hilft eine Checkliste, die die Verbraucherzentrale NRW unter www.vz-nrw.de im Internet veröffentlicht hat. Hier eine Quintessenz:
1. Wie viel Strom habe ich in den vergangenen Jahren verbraucht? Abzulesen ist dies auf den Jahresabrechnungen.
2. Postleitzahlenscharfe Preise lassen sich im Internet vergleichen, etwa bei Verivox, Check24, Toptarif oder „Mut-zum-Wechseln“. Ein Ökostrom-Vergleichsportal ist etwa www.ok-power.de.
3. Achtung bei den Voreinstellungen der Tarifrechner! Tarife mit Vorkasse oder Kaution werden ebenso wenig empfohlen wie Tarife, mit denen eine bestimmte kWh-Menge gekauft wird.
4. Überdies wichtige Kriterien sind die Vertragslaufzeit (eine höchstens einjährige Laufzeit wird empfohlen) und die Kündigungsfristen (Empfehlung: monatlich).
5. Viele Anbieter werben auch mit einer Preisgarantie. Diese gilt aber oft nur eingeschränkt. Erhöhungen von staatlichen Abgaben, momentan das große Thema (Stichwort: EEG-Umlage), können die meisten Anbieter dann dennoch als Grund für eine Preiserhöhung heranziehen. Eine diesbezüglich eingeschränkte Preisgarantie, so die Verbraucherzentrale, könnten Verbraucher aktuell getrost ignorieren. Sie sei aufgrund der aktuellen Preisstrukturen nutzlos, so Energierechtler Jürgen Schröder.
6. Ebenso ein Lockangebot sind Neukundenboni. Bei einem Bonus-Versprechen von mehr als 100 Euro jährlich mahnen die Verbraucherschützer zur Vorsicht. Im Kleingedruckten könnte sich ein Haken verstecken.
7. Und Vorsicht! Auch die gängigen Verbraucherportale im Internet arbeiten nicht gemeinnützig, sondern gewinnorientiert.
8. Die Verbraucherzentrale warnt auch vor auffällig gewordenen Billiganbietern, siehe www.vz-nrw.de/stromanbieter--aufgepasst-bei-billiganbietern.