Mülheim. Während RWE in einer Krise ist, setzt der örtliche Energiedienstleister Medl auf Stabilität: Bis zum April wird es keine Preiserhöhung geben. Die Strategie dahinter: Abwarten bis zum Frühjahr.

Der städtisch beherrschte Energiedienstleiter Medl macht seine Ankündigung wahr und verzichtet bis April 2014 auf eine Erhöhung der Strompreise. Die Medl versucht damit bewusst, sich vom Trend der Branche abzukoppeln. Der beschlossene, deutliche Aufschlag bei den Subventionen für Erneuerbare Energien hat die meisten Stromanbieter bereits zu einer Erhöhung der Verbraucherpreise zum 1. Januar 2014 veranlasst.

Medl-Geschäftsführer Gerd Bachmann argumentierte in einer Mitteilung, er habe nicht die Absicht, „die unvorhersehbaren Entscheidungen der Politik auf unsere Kunden abzuwälzen.“ Diese Haltung kann sich die Medl auch finanziell leisten. Das Jahr 2012 war das erfolgreichste in der Firmengeschichte und auch 2013 dürfte der Erlös aus dem Verkauf von Strom, Gas, Wasser und Dienstleistungen kaum schlechter ausgefallen sein. Das RWE beispielsweise, pikanterweise 49-prozentiger Anteilseigner der Medl, kann sich diese Duldsamkeit nicht leisten. Kernkraft ist out, der konventionelle Kraftwerkspark des Stromriesen verliert an Rentabilität, die Dividende sinkt, der Aktienkurs fällt und fast 7000 Stellen stehen zur Streichung an.

Bei der Medl mit ihren 110 Beschäftigten verläuft es andersherum. Auch wenn die Gesellschaft keine genauen Zahlen nennt, verzeichnet sie stetige Zuwächse bei Strom- und Gaskunden. Dieses Kundenplus stellt auch die aus eigener Not auf Rendite schielende Stadtkasse zufrieden. Mehr Kunden, die etwas weniger Gewinn bringen, sind genauso gut, wie etwas weniger Kunden, die jeweils für etwas mehr Gewinn stehen. Überdies hat die Medl zuletzt binnen zwei Tagen eine Bürgeranleihe von drei Millionen Euro platzieren können - zu Zinsen, die am Markt ansonsten schwer zu erzielen sind. Bachmann spricht daher nicht ganz zu Unrecht von „Vertrauen“, das die Medl als lokaler und lokal verwurzelter Anbieter genieße. Das wolle man nicht gefährden.

Preiserhöhung gefährdet Energiewende

Hinter dem Preismoratorium steckt aber noch ein anderer Gedanke. Viel spricht dafür, dass sich die Rahmenbedingungen für die Energiepreise bis zum nächsten Frühjahr verändert haben. Der Bundesverband Erneuerbare Energien etwa geht davon aus, dass die Strompreise spätestens 2015 wieder sinken. Die Gründe: Erstens ist die Dämpfung der Stromkosten Verhandlungsthema von SPD und Union in Berlin. Die Politik weiß, dass sie die Akzeptanz der Energiewende gefährdet, wenn Verbraucher weiterhin, so wie jetzt, über ihren Stromrechnung durchschnittlich 250 Euro für die Förderung erneuerbarer Energien berappen.

Zudem drängt die Europäische Kommission darauf, die Ausnahmen für Industriekunden zu begrenzen. Je mehr Konzerne indes einzahlen, desto günstiger wird es für Privathaushalte. Und: Die Medl ist weiterhin bestrebt, vom Einzahler in die EEG-Umlage zum Nutzer zu werden. Die über die Bürgeranleihe erworbenen Millionen etwa werden in Projekte fließen, die nach den Subventionsregeln ebenfalls begünstigt werden. Bachmanns strategische Ableitung aus alldem lautet: Abwarten. „Im März sind wir alle klüger“, hatte er vor Kurzem gesagt.

Dann erst will die Medl entscheiden, wohin für sie und die Kunden die Reise geht.