Essen. . Rund 1,2 Millionen Euro soll eine Software zu Unrecht an ein kleineres Unternehmen überwiesen haben. Verantworten muss sich dafür eine illustre Runde vor dem Landgericht Essen. Doch der Prozess gegen fünf Manager platzte, kaum dass er begonnen hatte.

Locker ist die Atmosphäre auf den Gerichtsgängen. Deutlich signalisieren die vier Herren und eine Dame, dass das Strafrecht nicht ihre Welt ist. Doch genau da befinden sie sich: Die ehemaligen Vorstandsmitglieder und Geschäftsführer müssen sich vor dem Landgericht Essen wegen Untreue verantworten. Es geht um Millionenzahlungen der Mülheimer Easy Software AG an die insolvente Gladbecker „sbr health it“. Doch kurz nach dem Auftakt platzt der Prozess schon aus formalen Gründen.

Hauptangeklagter ist der Essener Gereon N. (50), der ehemalige Vorstandsvorsitzende der Mülheimer Firma, die elektronische Archivsysteme entwickelt. In seinem Auftrag, so die Anklage, soll die Easy Software AG von Januar 2009 bis September 2011 rund 1,2 Millionen Euro an die wirtschaftlich stark schwächelnde Gladbecker Firma überwiesen haben, die durch Scheinrechnungen gedeckt worden seien. Gereon N. habe die Gladbecker veranlasst, rund 700.000 Euro dieses Geldes in bar abzuheben und zum großen Teil ihm zu übergeben. Dieses Geld hätte er für private Dinge benötigt. Weil er diese Einnahmen beim Finanzamt nicht angegeben habe, muss der 50-Jährige sich zusätzlich wegen Steuerhinterziehung verantworten.

Stoff für einen Wirtschaftskrimi

Es ist ein Prozessstoff, der für einen Wirtschaftskrimi taugen könnte. Auf der einen Seite Gereon N. und die drei 32 bis 51 Jahre alten Angeklagten von der Gladbecker Firma. Sie sollen sich alle aus ihrer früheren Tätigkeit für eine Tochter der Ruhrkohle AG kennen. An der Firma des Trios, das sich mit Krankenhaussoftware befasst, war Gereon N. mit 28 Prozent beteiligt, ebenso sein Mülheimer Aufsichtsratsvorsitzender Manfred A. Wagner.

Laut Anklage gingen die Zahlungen ohne Wissen Wagners an die Gladbecker Firma, die 2011 Insolvenz anmeldete. Ursprung des Strafverfahrens ist eine Anzeige von Easy Software gegen den ehemaligen Vorstandschef N., der 2011 die Firma verlassen musste. Gereon N. hatte zu Beginn des Verfahrens vom 27. Juni bis zum 7. Juli 2011 in Untersuchungshaft gesessen. Nachdem er ein Geständnis ablegte, kam er wieder frei. Dieses Geständnis widerrief er später.

Prozess startet vermutlich erst im neuen Jahr

So ist die XXI. Essener Strafkammer von einer Aufklärung der Vorwürfe weit entfernt. Bis auf eine Angeklagte, die mit einem Anwalt auskommt, sind die Angeklagten von zwei bis drei Verteidigern vertreten. Sie alle stellen zu Beginn Anträge, das Verfahren auszusetzen, weil sie keine vollständige Akteneinsicht bekommen hätten. Zum Teil sind die nicht ganz preiswerten Anwälte erst vor einigen Wochen ins Verfahren gekommen. Großes Kino zeigen sie, sei es rhetorisch oder nur physisch. Rechtsanwalt Christof Püschel etwa, der sich vor Gereon N. stellt, um ihn vor dem Fotografen zu schützen. Dabei ist mit Mitverteidiger Wolfgang Küpper-Fahrenberg und dem Angeklagten selbst längst abgestimmt, dass das Gesicht des früher in der Öffentlichkeit stehenden Mandanten gepixelt wird.

In der Sache bringt ein Aussetzungsantrag Erfolg. Die Kammer gibt dem Duisburger Rechtsanwalt Jörg Messerschmidt Recht, der seit Anfang August Mitverteidiger eines Gladbecker Angeklagten ist. Post vom Gericht, etwa die Anklage, hat er nie bekommen, weil die Geschäftsstelle des Gerichtes an eine falsche Adresse zugestellt hatte. Richter Johannes Hidding: „So ist eine sachgerechte Vorbereitung auf die Verteidigung nicht möglich.“ Der Prozess startet vermutlich erst im neuen Jahr.