Mülheim. Rund 40.000 Viertklässler in NRW können nicht schwimmen. In Mülheim wurde die Zahl der Nichtschwimmer zuletzt sehr erfolgreich gesenkt. Dennoch gibt es in Styrum Klassen, in denen 80 Prozent der Kinder Nichtschwimmer sind. Das soll sich nun ändern.

Planschen, schwimmen oder einfach nur zur Abkühlung - im Sommer sind viele im Wasser in ihrem Element. Aber der Freizeitspaß birgt auch Gefahren, wie zwei Unfälle unterstreichen, die sich kürzlich ereignet haben: Am Montag vergangener Woche ist ein 13-Jähriger im Unterbacher See in Düsseldorf ertrunken, nachdem er aus einem Tretboot gefallen war.

Kurz zuvor hatte sich ein Badeunfall in Wetter ereignet: Dort war ein Achtjähriger in der Ruhr ertrunken. Die Polizei geht davon aus, dass beide Nichtschwimmer waren. Und in der Tat, die Zahl der Kinder steigt, die nicht schwimmen können: Etwa 40.000 Viertklässler sind es in ganz NRW. Ein Trend mit möglichen gefährlichen Folgen, wie die Beispiele zeigen.

Gegen den Trend

Auch in Mülheim ist diese Entwicklung erkennbar, aber Stadt, Schulen und Sportvereine haben daraus Konsequenzen gezogen. „In Styrum gibt es manche Grundschulklassen, da sind 80 Prozent Nichtschwimmer“, berichtet Annette Michels vom städtischen Sportservice (MSS).

Diesem Trend muss entgegentreten werden, nicht nur wegen der Unfallgefahr. Aus ihrer Perspektive sind die geringen Schwimmer-Zahlen nur ein Symptom für ein viele generelleres Problem: Die Lust an der Bewegung und die Freude, Sport zu treiben, nimmt ab. Oft auch deswegen, weil den Kindern in der Familie die Vorbilder fehlen.

Individuell um Kinder kümmern

Das heißt auch: Um die Kinder für das Schwimmen zu begeistern, muss man sich individuell um sie kümmern. „Viele haben zuerst Angst. Sie müssen erst langsam an das Wasser herangeführt werden“, berichtet Stephan Damberger. Er ist Sportlehrer an der Erich-Kästner-Grundschule.

Auch dort ist die Mehrzahl der I-Dötze Nichtschwimmer. Ganz anders sieht es aber aus, wenn sie nach der vierten Klasse die Schule verlassen: „Unser Ziel ist, dass dann alle schwimmen können. Die 100 Prozent-Quote erreicht man natürlich nicht immer ganz. Aber bei den meisten schaffen wir es“, so der Lehrer.

„Quietschfidel“

„Quietschfidel“ - so heißt das Projekt, dem diese Erfolge zu verdanken sind. Seit fünf Jahren erhalten hier in Zusammenarbeit mit den Sportvereinen Nichtschwimmer während des regulären Sportunterrichtes eine spezielle Förderung. Das Ziel, dass niemand ohne „Seepferdchen-“-Abzeichen in die weiterführende Schule gehe, sei fast erreicht, so Michels.

400 Kinder waren es im letzten Schuljahr. Mit Blick auf die Nachbarstädte stellt sie fest: „Wir sind wir Vorreiter.“ Allerdings kostet so etwas Geld: Gesponsert wird die Aktion durch den Mülheimer Wohnungsbau und die AOK Rheinland. „Wir werden dies auch in Zukunft unterstützen“, so AOK-Sprecher Volkmar Fleischer. „Denn hier kommt es auf Qualität an.“