Mülheim.
Nein, als cool gelte ein Jugendlicher, der sich für Politik interessieren, nicht gerade, sagt eine der Schülerinnen der Klasse 9d am Gymnasium Broich und findet sich in der Auswertung bestätigt: Der Politikunterricht steht bei der Jugend hoch im Kurs, die politische Welt außerhalb des Klassenraumes dagegen keineswegs. 325 Jugendliche von vier Schulen in Mülheim haben die Broicher Gymnasiasten befragt – und finden manches Ergebnis auch bedenklich.
Interesse an Politik?
Die Mehrheit der Jugendlichen im Alter von 14 bis 15 Jahren hat wenig bis gar kein Interesse an Politik. Die Unterschiede zwischen den Schulformen sind dabei keineswegs groß. Lediglich vier Prozent geben an, sich „sehr stark“ und 35 Prozent sich „stark“ für Politik zu interessieren. Fast jeder Zweite (45 vH) würde nicht zur Wahl gehen.
Woran liegt es? Die Sprache der Politiker müsste sich ändern, meinen die Schüler. Politik müsste verständlicher dargeboten werden, und sie verweisen auf den Unterricht, wo es funktioniere. „Es müsse auch mehr für Politik geworben werden“, sagt eine Schülerin und sie ist nicht die Einzige, die beklagt, von Möglichkeiten der Beteiligung zu spät oder gar nicht zu erfahren.
Politisches Wissen
Jeder fünfte Jugendliche stufte sein politisches Allgemeinwissen als gut bis sehr gut ein, 26 Prozent gaben sich ein Ausreichend, und 15 Prozent bekannten sich zu ihrem mangelhaften bis ungenügendem Wissen. Aber auch nur 14 Prozent der Schüler erklärten, dass sie sich täglich über das politische Geschehen informieren würden, fast die Hälfte (48 vH) nur selten oder unregelmäßig. Das Fernsehen steht mit 45 Prozent als Informationsquelle an erster Stelle. Radio, Internet und Tageszeitung werden von 20 bis 25 Prozent als wichtigste Quelle genannt. Ebenso viele beziehen ihre Informationen aus Gesprächen mit Eltern und Freunden.
Politisches Engagement
Die Hälfte der Befragten verneint die Frage: „Könntest Du Dir vorstellen, Dich politisch zu engagieren?“ Immerhin 18 Prozent wären bereit, bei der Schülervertretung mitzuarbeiten. In einer politischen Partei mitmachen würden gerade mal neun Prozent. Nicht mehr sind es, die sich für das Jugendparlament der Stadt interessieren. Hält die Entwicklung an, gehen Wahlbeteiligung und politisches Engagement weiter zurück, sei Demokratie in Gefahr, sagen die Schüler im Gespräch mit der WAZ. „Es könnten irgendwann die Kräfte dominieren, die ein anderes System etablieren und sich nicht mehr an bestehende Regeln halten wollen.“
Wahlverhalten
Auch um die Sonntagsfrage: Wen würdest Du wählen? ging es. Und da liegt die Mülheimer Jugend nicht im bundesweiten Trend: Die SPD kommt auf 35, die CDU/CSU auf 29, Grüne auf 16, FDP auf 2, Linke auf 2, Piraten auf 7 und NPD 9 Prozent. Das Ergebnis der NPD habe sie schockiert, betonen die Schüler der 9d und führen dies auf das „verbale Verhalten einiger Jugendlicher“ in einer Klasse während der Befragung zurück. „Dummheit ist gefährlich.“
Warum ist Politikunterricht beliebt, Herr Leitzen?
„Politik ist eines der letzten Unterrichtsfächer an Schulen, wo die Schüler in die Planung des Unterrichtes noch mit einbezogen werden. Sie können ihre Wünsche und Themen, die sie behandeln möchten, einbringen. In fast allen Fächern ist der Unterricht streng geregelt. Überall gibt es inzwischen feste Vorgaben, Lernstandserhebungen.“
Vor zwei Jahren führte Leitzen eine ähnliche Befragung durch.