Mülheim.

Um das gleich klarzustellen: „Wir sind sehr zufrieden mit unserem Publikum.“ Udo Balzer-Reher, der das Theaterbüro des Kulturbetriebs leitet, betont dies, damit der Begriff „Audience Development“ nicht falsch verstanden wird. In der genauen Übersetzung heißt der zwar „Zuschauerentwicklung“, doch geht es dem Theaterbüro nicht darum, sein Publikum in eine andere Richtung zu entwickeln. Vielmehr soll es ausgebaut, neue Zielgruppen zusätzlich erschlossen werden. Das ist seit Ende vergangenen Jahres die Aufgabe von Sandra Kornmeier.

Das Publikum, das derzeit in Mülheims Theatersälen Platz nimmt, ist homogen. Soll heißen, so Udo Balzer-Reher: „Es gibt nicht den Bevölkerungsquerschnitt wieder.“ Grob gesprochen lassen sich die Zuschauer in etwa einem Alter, einer Schicht, einer Nationalität zuordnen. Das soll Sandra Kornmeier ändern, die beim Theaterbüro federführend die „Audience Development“ übernimmt. Mehr Senioren, Jugendliche, Migranten und Behinderte möchte sie motivieren, ins Theater zu kommen.

Hemmschwellen und Vorurteile müssen abgebaut werden

Dazu gilt es vor allem, Hemmschwellen und Vorurteile abzubauen. Für viele, sagt Sandra Kornmeier, „ist Theater eine große Unbekannte“. Das beginne etwa bei der Frage, wo man Informationen über die Stücke herbekommt. Am Ende steht dann die Sorge, das Theatergebäude zu betreten und sich nicht zurechtzufinden. „Auf lange Sicht müssen wir den Menschen vermitteln, dass Theater nicht weh tut“, sagt Udo Balzer-Reher und räumt auch ein: „Dazu brauchen wir einen langen Atem.“

Sandra Kornmeier setzt auf persönliche Ansprache. Mit verschiedenen Bildungseinrichtungen hat sie Kontakt aufgenommen, zudem mit Organisationen, Vereinen und privaten Gruppen gesprochen. „Die Strukturen sind da. Wir müssen uns nur vernetzen.“

Udo Balzer-Reher geht es um "Vermittlung"

Einführungen für Gruppen oder ein nachbereitendes Gespräch bietet das Theaterbüro etwa und ein Stück, das thematisch auf die jeweilige Zielgruppe abgestimmt ist. Das ist vor allem Balzer-Reher wichtig, dem es nicht nur um Zuschauerentwicklung, sondern vielmehr um „Vermittlung“ geht – „die hat das Theater jahrelang vernachlässigt“.

So wird ab dem im Herbst beginnenden Semester das Theaterbüro mit der Volkshochschule kooperieren und einen Kurs anbieten, der eine niederschwellige Einführung sein soll. Dass das Konzept aufgehen kann, zeigt der Besuch einer Gruppe von Menschen mit Behinderungen die jüngst im Theater an der Ruhr „Der kleine Prinz“ sahen.

Man muss den Leuten Zugang verschaffen

Dies wurde mit der Lebenshilfe organisiert. Erfolgversprechend ist auch die Bilanz nach vier Monaten Kulturloge, die kostenfreie Eintrittskarten an Bedürftige verteilt: 243 Kulturlogengäste besuchten 36 Veranstaltungen. Für Sandra Kornmeier zeigt das: „Die Leute haben Lust, Theater zu sehen.“ Man muss ihnen nur Zugang verschaffen.