Mülheim. Im Februar organisiert das Doc-Net, ein Netzwerk von Ärzten in Mülheim, die erste Patienten-Veranstaltung im neuen Jahr. Ein Ziel von Doc-Net ist es, Bürger in medizinischen Fragen aufzuklären und somit die Prävention zu verbessern.
Wenn wir von Diabetes reden, über wie viel Menschen reden wir dann?
Dr. Dieter Neusüß: Nach einer aktuellen Studie haben nur noch 60 Prozent der 55- bis 74-Jährigen heute einen gesunden Stoffwechsel. 8,4 Prozent der Menschen dieser Gruppe leiden bereits an Diabetes, 8,2 Prozent haben einen unentdeckten Diabetes und die anderen bereits eine gestörte Glukose-Toleranz, eine Vorstufe von Diabetes.
Übertragen auf Mülheim hieße dies, dass rund 3500 Bürger bereits an Diabetes leiden, ohne es zu wissen. Warum wird das Leiden nicht entdeckt?
Neusüß: Ein Diabetes macht zunächst einmal keine Beschwerden. Dann lassen viele den Wert zu selten bestimmen, und wenn der Wert nur leicht erhöht ist, reagieren manche nicht darauf – nach dem Motto: Er ist ja nur leicht erhöht. Ein Nüchternblutzucker über 100 oder ein Wert über 140 nach dem Essen sind nicht in Ordnung. Es gibt Patienten, die haben fünf bis zehn Jahre mit einem unentdeckten Diabetes gelebt. Da machen sich schon Folgeerkrankungen bemerkbar.
Welche Folgen sind zu spüren?
Neusüß: Es gibt Zerstörungen an den kleinen Gefäßen im Auge und in den Nieren, Schäden entstehen auch an den großen Gefäßen in den Beinen oder am Herzen, woraus wieder neue Risiken entstehen. Gerade die Folgeschäden verursachen nicht nur Leid, sondern auch hohe Kosten.
Was schließt sich an eine frühe Diagnose an?
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Neusüß: Wir wollen heute viel individueller therapieren und dabei nicht mehr so sehr wie früher den Langzeit-Blutzuckerwert in den Vordergrund stellen. Wir schauen verstärkt auf mögliche Begleiterkrankungen und Risiken. Entsprechend wird bei der Therapie differenziert.
Gibt es neue Medikamente?
Neusüß: Ja, es wird in vier Wochen ein neues Medikament bei uns eingeführt, das jetzt die Zulassung bekommen hat. Es ist eine Vorstufe der Insulin-Therapie, wird einmal täglich morgens gespritzt und soll das Risiko der Unterzuckerung herabsetzen und für einen günstigen Verlauf am Tag sorgen.
Ist mit einer weiteren Zunahme an Diabetes-Erkrankten zu rechnen?
Neusüß: Allen schon durch die Überalterung der Gesellschaft werden wir mehr Diabetes-Fälle bekommen.
Die beste Vorsorge?
Neusüß: In einer gesunden Ernährung und darin, Übergewicht zu vermeiden. Mit dem Übergewicht steigt das Risiko für Diabetes deutlich an.