Mülheim.

Wer am Rosenmontag durch die Mülheimer Innenstadt lief, konnte den Eindruck gewinnen, dass dem Karneval nicht zu entfliehen ist. Die Narren und Karnevalisten hatten Mülheim im Griff. Die Karnevalszeit ist ­jedoch bei weitem nicht jedermanns Sache. Fernab des Rosenmontagszuges fanden sich letztendlich doch noch Bastionen, die die Jecken nicht eingenommen hatten.

Im Sporttreff. „Wir hatten uns dazu entschlossen, heute zu öffnen“, so Sabine Rundnagel, Leiterin des Fitness-Bereiches im Sporttreff. Viele nahmen das Angebot dankbar an. So auch Michael Nitsche (49) und seine Kinder Felix (17) und Helen (12). Hier hieß es: Sportsachen statt Kostüme. Die Familie bevorzugte Squash-Schläger anstelle von umgeklappten Regenschirmen – denn hier fielen keine Kamelle auf die Köpfe, hier flogen Tennisbälle um die Ohren. „Wir sind von Haus aus keine großen Karnevalisten“, so Nitsche, „meine Kinder wollten lieber zum Sport, anstatt sich in der Innenstadt den Karnevalszug anzusehen.“

Im Wennmann-Bad. Die feucht-fröhliche Karnevalsstimmung in der Innenstadt wollten auch andere nicht erleben. Trotzdem hieß das nicht zwangsläufig, daheim im Trockenen zu bleiben. Untertauchen statt Karneval war das Motto. Keine Perücken, Badekappen, keine Clowns-Schuhe, Flip-Flops – das war die so gar nicht närrische Kleiderordnung im benachbarten Friedrich-Wennmann-Bad. „Meine Kinder mochten Karneval nie besonders und wir gehen schon immer sehr gerne ins Schwimmbad“, äußerte Martin Lubanski (42). Er tollte mit seinen Kindern Nathalie (13) und Oscar (10) lieber im Schwimmbecken statt im Bad der Menge.

An der Ruhr. Sandra Duden (44) ging dagegen nicht schwimmen. Trotzdem ging auch sie nicht im Kamelleregen unter. An der gemächlich rauschenden Ruhr spazierte sie mit ihrem Hund entlang. Der hämmernden Karnevalsmusik und dem hektischen Treiben der Karnevalisten kann sie nicht mehr viel abgewinnen. „Ich mag Karneval; trotzdem gehe ich nicht mehr hin. Für den Hund ist das auch nichts.“

Am Wasserbahnhof. Auch Anne Overath (53) musste nicht weit weg vom Karnevalszug und trotzdem blieb sie dem Treiben in der Innenstadt fern. „Eine Hassliebe“ – so beschreibt Overath Karneval und traf sich lieber mit den Eltern am Wasserbahnhof im „Franky’s“ – hier gab es bunten Salat, keine Berliner Ballen.

So oder so bildete der Wasserbahnhof eine bemerkenswerte Enklave in der Mülheimer Karnevalslandschaft. Richard Eichenbach, Geschäftsführer des Franky’s, erklärte es kurzerhand zur „karnevalsfreien Zone“.