Mülheim. .
Hund Ken und Frauchen Vera Giesen vertrauen sich blind. Denn die 55-jährige Oberhausenerin ist blind, ihr Hund Ken ihr Führhund. Beide sind seit mehr als zehn Jahren ein eingespieltes Team. Vera Giesen kann sich auf den Königspudel verlassen, umgekehrt auch. Sicher und routiniert führt Ken Vera Giesen über Bürgersteige, überquert mit Frauchen Straßen und Ampelkreuzungen, fährt mit ihr Aufzug und Rolltreppen. Auch bei der Übung an der Südstraße gehorcht der Vierbeiner aufs Wort.
Gute Reaktion bei der Rettung
Doch das ist keineswegs selbstverständlich. Denn hier wagt die Fachgruppe der Blindenführhundhalter für NRW gemeinsam mit einem Rettungsteam des Deutschen Roten Kreuzes Mülheim ein Experiment: 15 blinde Halter und ihre Führhunde proben im Rahmen ihrer Herbsttagung realitätsnah den Notfall. Der sieht so aus: Ein Blinder stolpert oder rutscht aus, stürzt zu Boden, braucht Hilfe. Das Rote Kreuz eilt zur Unfallstelle. Ein Helfer kümmert sich um die hilflose Person, die auf einer Rettungsdecke am Boden liegt. Bald nach der Erstversorgung kommt der Rettungswagen, bringt den blinden Verletzten ins Krankenhaus. Doch wie wird sich der Blindenführhund verhalten? Wird er ausrasten, bellen, beißen, im Glauben, Herrchen oder Frauchen verteidigen zu müssen? Zumal das zuverlässige Tier seinem Halter sonst nie von der Seite weicht.
Reaktion des Hundes testen
Doch alles geht gut: Ein weiterer Rot-Kreuz-Helfer führt den Blindenführhund langsam vom Unfallort zu einem zweiten Rettungswagen – ganz korrekt an einem Seil, nicht am weißen Geschirr, das sonst den blinden Halter mit seinem Führhund verbindet. Vera Giesen: „Das würde das Tier nur unnötig verwirren.“ Michael Schlenzker, Zugführer beim DRK-Mülheim: „Wir simulieren einen Unfall oder einen Sturz des Halters und testen die Reaktion des Hundes. Wir schauen, ob er uns als Rettungsteam heranlässt und ob er sich von dem Blinden wegführen lässt. Aus hygienischen Gründen können wir das Tier nicht gleichzeitig mit im Rettungswagen mitnehmen. Es muss daher in einem separaten Wagen transportiert werden.“.
Fast widerstandslos lassen sich die Vierbeiner von dem Helfer „abführen“, ohne Bellen, ohne Beißen. Ab und zu dreht sich ein Tier nochmal um, wirft aus seinen großen Hundeaugen einen sehnsüchtigen Blick zurück auf Frauchen oder Herrchen. Aber dann folgt der Vierbeiner brav, springt auf den Rücksitz eines zweiten Rettungswagens, im Ernstfall eines Fahrzeugs der Feuerwehr oder der Polizei.