Mülheim/Ruhr. .

Eingeschlagene Scheiben, ausgeschraubte Radios und heraus gerissene Navigationsgeräte: In Selbecker Wohnsiedlungen treiben seit Anfang des Jahres Autoknacker ihr Unwesen. Organisierte Banden ziehen in jedem Frühjahr durch die Siedlungen und stehlen nachts Navis und andere Wertgegenstände aus den Wagen der Anwohner. Besonders schlimm ist die Lage rund um den Charlyweg und der Straße Am Timpen. Um sich vor den Dieben zu schützen, wollen die Anwohner einen privaten Sicherheitsdienst engagieren.

Mittlerweile ist es das fünfte Mal, dass Reinhard Wagner seiner Versicherung einen Schaden melden muss. „Die werden schon langsam misstrauisch.“ Kein Wunder, schließlich wurde dem Anwohner der Straße Am Timpen allein seit März dieses Jahres viermal die Scheibe seines BMW eingeschlagen, Navigationsgerät und Radio aus dem Armaturenbrett herausgerissen.

Die Spuren des letzten Bruchs sind noch deutlich sichtbar: Lose Kabel hängen heraus, auch die Alublende daneben haben die Täter beschädigt, die gesplitterte Fensterscheibe ist mit Klebeband fixiert. „Jetzt lasse ich mir kein neues Navi mehr einbauen“, sagt Reinhard Wagner. „Es wird ja sowieso wieder gestohlen.“ Und meint: „Man fühlt sich ohnmächtig.“ Nebenan sieht es ähnlich aus.

Dreimal in sieben Wochen

Frank Schurau wohnt erst seit Februar dieses Jahres im Charlyweg. Innerhalb von sieben Wochen wurde sein Dienstwagen dreimal aufgebrochen. Erst vor einer Woche haben die Täter den Wagen – ebenfalls ein BMW – zum letzten Mal geknackt. „Das erste Mal haben sie mein Portemonnaie, meine Sonnenbrille und andere Wertsachen geklaut.“ Der Schaden: 500 Euro. Schaden am Auto: 2500 Euro. Viel schlimmer findet Schurau aber, dass er seitdem nicht gut schlafen kann. „Man fühlt sich nicht mehr sicher.“ Nun schaut er sich bereits nach einer anderen Wohnung um.

Für ihre nächtlichen Diebeszüge finden die Autoknacker in Selbeck beste Bedingungen vor. An der Straße Am Timpen parken viele hochwertige Wagen, sie ist ruhig gelegen und von Wiesen umgeben. Am Ende der Wohnsiedlung führt ein kleiner Feldweg in Richtung Golfplatz, auch das Breitscheider Kreuz befindet sich in unmittelbarer Nähe. „Die Täter arbeiten meistens von oben nach unten und hauen dann über den Feldweg ab“, erklärt Reinhard Wagner. Dort finden die Nachbarn auch regelmäßig ihre Brieftaschen, Kassetten und CDs wieder – zerstreut auf der Wiese.

Von der Polizei fühlen sich Reinhard Wagner, Frank Schurau und ihre Nachbarn nicht besonders geschützt. „Warum wird der Parkplatz, auf dem sich die Täter zu Diebestouren treffen, nicht observiert“, fragt Frank Schurau.

Keine Täter geschnappt

Bislang konnten keine Täter auf frischer Tat erwischt werden. „Die meisten sind blitzschnell und entfernen die Geräte fachgerecht und mit speziellem Werkzeug“, erklärt Polizeisprecher Lars Lindemann. Meist werden die Beamten erst alarmiert, wenn der Schaden am nächsten Morgen bemerkt wird – zu spät. Dabei habe es erst im vergangenen Jahr einen Großeinsatz gegeben, weiß eine Anwohnerin aus der Straße Am Timpen. „Mein Mann hatte nachts verdächtige Männer vor unserem Haus beobachtet und sofort die Polizei gerufen.“ Die rückte mit Hubschraubern und Spürhunden aus. „Doch gefunden haben sie die Täter nicht.“

„Wenn wir erkennen, dass schwerpunktmäßig Autos aufgebrochen werden, sind wir natürlich verstärkt vor Ort präsent“, sagt Lars Lindemann. Auch wenn das die Anwohner selbst nicht immer registrieren. „Wir sind auch in Zivil unterwegs.“ Ist Selbeck eine gefährdete Ecke? „Nein, die Bedingungen für die Diebe sind zwar günstig, doch von einem Brennpunkt würden wir hier noch nicht sprechen.“ Was sind das für Täter? „Das sind organisierte Banden, die häufig aus Osteuropa stammen.“

Um sich vor den Dieben zu schützen, rät Lindemann den Anwohnern, wenn möglich die Wagen immer in der Garage zu parken. Auch die Nachbarschaftskontrolle sei sehr wichtig. „Immer anrufen, wenn etwas verdächtig vorkommt.“

Damit wollen sich die Nachbarn nicht abfinden. Und überlegen, einen privaten Wachdienst zu engagieren. So haben sie es bereits vor einigen Jahren gemacht. Bis nicht mehr alle Nachbarn mitzogen. „Das wollen wir nun wieder aufgreifen“, sagt Reinhard Wagner.