Mülheim..
Bei Thyssen Schachtbau ist Tim van Heyden als „Vielflieger“ eingestuft. Das mag nach Erster Klasse und Kosmopolitismus klingen, doch die angesammelten Stunden im Flugzeug resultieren vor allem in langwierigen Gesprächen mit Kunden, im Kampf mit der Zeitumstellung, mit Klimaschwankungen, Übersetzern und der Suche nach Verständnis für eine fremde Kultur.
Dennoch macht Tim van Heyden seine Arbeit Spaß, die er als Herausforderung begreift und gerne macht. Der Bauingenieur leitet Projekte in Russland und ist seit neun Monaten mindestens einmal im Monat für mindestens fünf Tage vor Ort.
Seit zehn Jahren arbeitet Tim van Heyden bei Thyssen Schachtbau. In der technischen Planung begann er, seit rund anderthalb Jahren ist er nun Projektleiter und betreut ausschließlich Projekte in Russland. Aktuell ist er für das Unternehmen „Eurochem“ zuständig, einer Firma, die in der Wolga-Region und im Ural Kali-Salze abbauen will.
Das ist das Projekt, das Tim van Heyden betreut: 140 Mitarbeiter sind an der Wolga im Einsatz, bereiten die Bohrungen vor, die in einem 1200 Meter tiefen und sieben bis acht Meter breiten Schacht resultieren. Mit rund 100 Mio. € beziffert van Heyden das Auftragsvolumen. Der zweite, kleinere Auftrag, bei dem „nur“ 600 Meter tief geteuft wird und 30 Fachleute im Einsatz sind, beläuft sich auf rund 25 Mio. €.
Regelmäßig in Russland
Regelmäßig reist Tim van Heyden nach Russland, mal in die Konzernzentrale nach Moskau, mal zur Wolga oder nach Perm, einem Ort im Uralvorland. „Der Kontakt mit dem Auftraggeber“ ist eine seiner Hauptaufgaben und der muss gepflegt werden. „In den letzten neun Monaten war ich im Zwei- bis Drei-Wochen-Rhythmus da“, berichtet der 37-Jährige. Eine Arbeitswoche ist er in der Regel vor Ort, auch, weil teilweise „zwei Tage für die An- und Abreise draufgehen“.
Der Flug nach Moskau dauert zwei Stunden, die Zeitverschiebung beträgt drei Stunden. Geht es weiter in Richtung Wolga, ist ein weiterer Inlandsflug nötig, macht abermals zwei Stunden in der Luft. Gleiches gilt für die Reise ins Gebirge, dann jedoch summiert sich die Zeitverschiebung auf insgesamt fünf Stunden. „Wenn ich um 6 Uhr losfliege, bin ich um 22 Uhr Ortszeit im Hotel“, berichtet er.
Und am nächsten Tag folgt gleich am frühen Morgen das erste Treffen mit dem Auftraggeber – und die Gespräche sind oft langwierig. Denn die Arbeitsweisen in Deutschland und Russland unterscheiden sich. Von einem „komplett anderen Denken, ein Projekt abzuwickeln“, spricht van Heyden. Klare Hierarchien meint er damit. Freiraum hat das deutsche Team kaum, auf alles möchten die Russen Einfluss nehmen. Da kann es passieren, dass man „einen halben Tag etwas bespricht und am nächsten Morgen ist alles anders“.
Extreme Temperaturen und Arbeitszeiten
Darauf, gibt Tim van Heyden zu, musste er sich erst einstellen. Ebenso auf die teils extremen Temperaturen: Im Winter sind im Ural schon mal minus 40 Grad, vergangene Woche kletterte das Thermometer in der Wolga-Region auf plus 43 Grad. „Natürlich ist das für die Männer, die dort draußen arbeiten, noch etwas ganz anderes“, sagt der Projektleiter, der betont, dass hinter allem ein Team steht, das teils noch mehr erdulden muss. Die Arbeiter vor Ort sind immer sechs Wochen am Stück in Russland.
Auch Tim van Heydens Familie musste sich auf die extremen Arbeitszeiten einstellen. „Ich habe zwei Kinder, neun und sechs Jahre alt, natürlich sehe ich sie nicht so oft, wie ich möchte.“ Doch er macht seine Arbeit gern, findet sie interessant und schätzt auch den Einblick in die fremde Kultur. „Das kompensiert auch die Anstrengung.“ Und auch für sein Unternehmen verspricht er sich von seinem Einsatz viel: Es sieht so aus, als könnte Thyssen Schachtbau auch in den kommenden Jahren in Russland Aufträge erhalten. Das Projekt von Tim van Heyden wird jedenfalls wohl noch eineinhalb Jahre dauern.