Mülheim. .
Um Gelenkersatz geht es beim WAZ-Medizinforum am 10. Mai um 18 Uhr im Marien-Hospital.
Deutschland soll Spitzenreiter bei künstlichen Gelenken sein. Werden zu schnell und zu viele Gelenke eingesetzt?
Dr. Stephan Elenz: Drei Dinge dazu. Die Gesundheitssysteme auf der Welt sind sehr unterschiedlich. Deutschland hat eines der besten weltweit. Viele neue Entwicklungen kommen hierher, damit sind auch die Ansprüche von Patienten gewachsen. Zweitens: Die Menschen werden älter, sind oft rüstig, wollen mobil bleiben und einen Gelenkverschleiß nicht hinnehmen. Das gehört zur Lebensqualität. Und drittens gibt es viele jüngere Leute mit Gelenkproblemen, die einen Ersatz wünschen, um sich ihre hohen Bewegungsanforderungen, ob Bergsteigen oder Marathon, erfüllen zu können. Da hat sich in den vergangenen 20 Jahren in der Gesellschaft viel gewandelt.
Welche Laufzeit hat eigentlich ein Gelenk?
Elenz: Das hängt von der Belastung ab, aber auch von der Nicht-Belastung. Wie haben heute eine große Gruppe von Menschen, bei denen der Mangel an Bewegung zu Gelenkproblemen geführt hat. Gelenke wollen bewegt werden. Ansonsten tritt ein Mangel an Gelenkschmiere auf, die Reibung im Gelenk erhöht sich, die Durchblutung verringert sich – das alles ist schlecht für ein Gelenk.
Vor dem Messer – welche konservativen Therapien bieten Sie zunächst den Patienten an?
Elenz: Das Wichtigste ist Bewegung. Schwimmen, Rad fahren oder auch Krankengymnastik, wo die Betroffen lernen, sich richtig zu bewegen. Häufig liegt auch ein Übergewicht vor, also abnehmen. Übergewicht ist der Risikofaktor Nummer eins bei der Kniegelenksarthrose. Und schließlich spielt auch bei den Gelenken die Ernährung eine wichtige Rolle. Die Zunahme von Arthrosen hängt mit einem sehr hohen Fleischverzehr gerade in den Industrieländern zusammen. Fleisch im Übermaß führt zu Gicht. Wir haben es oft mit einem Teufelskreis tun: Wer übergewichtig ist, macht kaum Sport und isst gerne. Viele schaffen die Wende nicht.
Welcher medizinische Aufwand verbirgt sich hinter einem operativen Eingriff?
Elenz: Wir führen im Marien-Hospital jährlich an die 700 Gelenkoperationen durch. Bei einem Standardverschleiß ist das bei Knie wie Hüfte ein Aufwand von 60 bis 90 Minuten. Am ersten Tag nach dem Eingriff schon versuchen wir, die Patienten wieder vors Bett zu stellen, am zweiten Tag geht es ans Laufen. Wir haben bei den Eingriffen heute deutlich weniger Blutverlust als vor früher, die Komplikationsrate ist deutlich gesenkt.
Beim künstlichen Gelenkersatz geht es immer auch um die Frage, welches Material ist das Beste?
Elenz: Ich glaube, diese Frage ist überbewertet. Am Ende zählt der Erfolg. Also wie lange hält der Gelenkersatz ohne Komplikationen. Das ist entscheidend.