Mülheim. . Mülheim hat die Einkommen der meisten Vorstände und Chefs städtischer Tochtergesellschaften öffentlich gemacht. Mit einer Vergütung von über einer Million Euro verdienen die drei Vorstandsmitglieder der Sparkasse am meisten. Nun, da die Bezüge offengelegt sind, wird eine Neiddebatte befürchtet.
Die Stadt veröffentlicht nun, nach langem Drängen der MBI, eine Übersicht der Gehälter und Bonuszahlungen fast aller Vorstände und Geschäftsführer ihrer Tochtergesellschaften. Das hat das nordrhein-westfälische Transparenzgesetz bereits für das Jahr 2010 zur Pflicht gemacht.
Die Gehälter für Spitzenpersonal der Stadttöchter sind teilweise und peu à peu im vergangenen Jahr öffentlich gemacht worden, durch Ausweisung in den Jahresabschlüssen der Gesellschaften. Sie sind online im elektronischen Bundesanzeiger abrufbar. Um dies möglich zu machen, waren einerseits Gesellschaftsverträge zu ändern, andererseits genossen Führungskräfte mit einem vor 2010 datierten Arbeitsvertrag Bestandsschutz. Heißt: Die dort vereinbarte Geheimhaltungspflicht über das Gehalt galt fort, sofern ein Geschäftsführer oder Vorstand nicht freiwillig darauf verzichtete.
Sparkassen-Vorstand verdient am meisten
Bei nahezu allen Führungskräften hat die federführende Beteiligungsholding nun ein entsprechendes Einverständnis eingeholt. Lediglich Medl-Geschäftsführer Hans-Gerd Bachmann sowie die SWB-Geschäftsführer Robert Kunz und Thomas Vocke lehnten ab. Am meisten streicht der dreiköpfige Sparkassen-Vorstand ein – insgesamt waren es im Jahr 2010 1,02 Mio Euro.
Nach der (nicht ganz vollständigen) Auflistung der Stadttöchter wird Dr. Hendrik Dönnebrink als Chef der Beteiligungsholding als Spitzenverdiener ausgewiesen. Er kassierte im Jahr 2010 ein Fixgehalt von 170.000 Euro plus eine erfolgsbezogene Tantieme von 25.000 Euro. Dönnebrink, aus der Privatwirtschaft kommend, ist überzeugt, dass er sein Geld wert ist. Als Chef der Beteiligungsholding hat er in den vergangenen Jahren viele schwierige Fälle anpacken müssen, etwa das millionenschwere Restrukturierungsprogramm bei der MVG oder die Aufräumarbeiten bei der Jobservice GmbH.
"Für mich ist das eine marktgerechte Vergütung"
Er ist als Chef der Beteiligungsholding Topverdiener im Konzern Stadt: Dr. Hendrik Dönnebrink (43) als Wächter über die Stadttöchter hat kein Problem damit, dass sein Jahresgehalt 2010 (170.000 Euro plus 25.000 Euro Bonus) jetzt öffentlich ist. „Für mich ist das eine marktgerechte Vergütung“, sagt er. „Ich bin auch bereit, meine Leistung marktgerecht prüfen zu lassen.“ Dönnebrink ist Diplom-Volkswirt und ist früh die Karriereleiter hoch geklettert. Im Jahr 2003 schon stieg er bei seiner vormaligen Arbeitgeberin, der RWE Umwelt, zum Geschäftsführer im Entsorgungsgeschäft auf. Er trug Verantwortung für 800 Mitarbeiter und verschiedene Betriebsstätten. Als RWE Umwelt an Remondis verkauft wurde, entschied sich Dönnebrink für die neue Herausforderung in Mülheim.
Er ist Geschäftsführer der Wohnungsgesellschaft SWB, die rund 8700 Wohnungen hauptsächlich in Mülheim hält: Robert Kunz lehnt die Veröffentlichung seines Gehaltes ab. Sein gültiger Arbeitsvertrag verpflichtet beide Vertragsparteien zu diesbezüglicher Geheimhaltung. So soll es bleiben, solange dieser Vertrag läuft. „Ich würde mich in meinen Persönlichkeitsrechten verletzt fühlen“, hält Kunz nichts vom Transparenzgesetz. Er wohnt in Mülheim und fände es „nicht besonders prickelnd, wenn meine Frau beim Einkauf auf mein Gehalt angesprochen würde“. Die Transparenz der Gehälter führe zu einer unangebrachten Neiddebatte. Sein Gehalt zahle eine private Kapitalgesellschaft, es speise sich nicht aus Steuergeldern. Und das Gehalt stehe unter der Kontrolle des Aufsichtsrates.
Rechtfertigung für Bonizahlungen bleibt intransparent
Auffallend bei den nun öffentlich gemachten Daten ist etwa, dass die dreiköpfige Geschäftsführung beim Theater an der Ruhr im Jahr 2010 über 300.000 Euro gekostet hat. Seit dem Ausscheiden von Roberto Ciulli aus der diesbezüglichen Verantwortung dürfte das Theater seit August 2011 allerdings günstiger geführt werden.
Die jeweilige Rechtfertigung für Bonizahlungen bleibt intransparent, weil entsprechende Zielvereinbarungen mit Geschäftsführern der Stadttöchter unter Verschluss bleiben. MVG-Chef Klaus-Peter Wandelenus etwa hat im Jahr 2010 einen Bonus von 25.000 Euro kassiert – da dürften sicher die erfolgreich umgesetzten Maßnahmen zur Kostensenkung Maßstab gewesen sein. Öffentlich in der Kritik stand bereits der 9000-Euro-Bonus für Flughafen-Geschäftsführer Reiner Eismann.
Stadt konkurriert mit Privatwirtschaft um Spitzenpersonal
Nun, da die Geschäftsführergehälter zum großen Teil offengelegt sind, fürchtet manch einer eine Neiddebatte: Hat Geschäftsführer xy sein Gehalt verdient? Dönnebrink gibt zu bedenken, dass die Stadt mit der Privatwirtschaft um Spitzenpersonal konkurriere: „Wenn ich gut bin“, sagt er, „will ich auch wie in einem anderen Unternehmen behandelt werden.“
Das dürfte auch der Grund sein, warum der Arbeitsvertrag von Frank Buchwald, dem Leiter des Immobilienservice, noch vor der Wiedereingliederung des Eigenbetriebes in die Kernverwaltung vorzeitig zu frei verhandelten Konditionen verlängert worden ist. Mit einem Amtsleitergehalt hätte sich Buchwald womöglich nicht halten lassen.
Hier die Top 10 der Gehaltsliste (2010):
- der dreiköpfige Sparkassen-Vorstand - 1,021 Mio Euro
- Klaus-Peter Wandelenus (MVG) - 173.000 Euro
- Jürgen Schnitzmeier (Mülheim & Business) - 136.902 Euro
- Frank Buchwald (Immobilienservice) - 119.000 Euro
- Inge Kammerichs (MST) - 111.948 Euro
- Stefan Mühlenbeck (Mülheimer Seniorendienste) - 102.500 Euro
- die dreiköpfige Geschäftsführung am Theater an der Ruhr - 304.503 Euro
- Dagmar Mühlenfeld (Oberbürgermeisterin) - Grundgehalt rund 97.000 Euro
- Reiner Eismann (Flughafen) - 95.000 Euro
- Dr. Frank Steinfort (Stadtdirektor) - Grundgehalt rund 83.000 Euro
Apropos: In der Dezernentenriege ist das Grundgehalt von Stadtdirektor Dr. Frank Steinfort am höchsten (rund 82.700 Euro). Das Gehalt anderer Dezernenten richtet sich nach ihrer Dienstzeit: Kämmerer Uwe Bonan bekommt ein Grundgehalt von gut 78.000 Euro, Sozialdezernent Ulrich Ernst und (Noch-)Kulturdezernent Peter Vermeulen rund 74.000 Euro. Die Chefs vom Kulturbetrieb und vom Mülheimer Sportservice werden laut Aussage der Stadt nach Beamtentarif bezahlt.