Mülheim. . Gothic-Fans treffen sich zum Castlerock-Festival in Mülheim. Mittlerweile hat sich das Spektakel einen festen Platz in der Szene erobert. Klein aber fein, das schätzen die 3000 Fans, die zwischen den Schlossmauern feiern.
Wenn Burgherr Michael Bohnes zu Hofe lädt, bringen seine Gäste Gitarren, Bass und Schlagzeug mit. Zwei Tage lang rocken Bands und Besucher auf Schloss Broich – Metal, Gothic, Industrial. Denn der Organisator ruft einmal im Jahr zum Castlerock-Festival nach Mülheim, etwa 3000 Fans der Szene folgen und halten sich strikt ans Hofprotokoll: schwarze Kleidung, hämmernde Bässe und Headbanging bis der Kopf dröhnt.
Für Spaziergänger in Broich gibt’s wieder was zu gucken. Frauen in zerrissenen Netzstrumpfhosen und Männer in knöchellangen Umhängen schlendern über die Duisburger Straße. Auf der MüGa-Wiese haben es sich Gothic-Fans gemütlich gemacht – Rasen schwarz getupft.
Drinnen, hinter den Mauern vibriert das Pflaster. „Stahlmann“ haben den Festivalsamstag auf der Bühne eröffnet, passenderweise mit „Willkommen in der Dunkelheit“. Die Tickets sind ausverkauft und vor der Bühne füllt sich die Menge, es grollt.
„Mittlerweile hat das Castlerock schon Kultstatus erreicht“
Michael Bohnes blickt von der Ringmauer aus auf den Innenhof hinab, an diesem Wochenende hat der Mitarbeiter des städtischen Kulturbüros das Kommando über Hof und Festheer. Das schwarze Spektakel schultert er übrigens zum zwölften Mal, genau wie die große Schwester Burgfolk. „Mittlerweile hat das Castlerock schon Kultstatus erreicht“, sagt Bohnes, der selbst gerne Metal hört.
Jedes Jahr schafft es der inoffizielle Rockbeauftragte der Stadt, die Stars der Szene ins Haus zu holen. Bands wie Crematory oder Megaherz kommen gerne öfter. „In der Szene hat sich das Fest bereits seit einigen Jahren fest etabliert.“ Gerade solche Nischenveranstaltungen seien es, meint der Initiator, die den Reiz für Besucher ausmachen, nach Mülheim zu kommen. Ähnlich wie das Reggae- oder auch das Jazzfestival. Denn: „Große Veranstaltungen gibt es überall, da könnten wir eh nicht mithalten.“ Daher funktioniere das Castlerock als Genreveranstaltung – Gothic-Fans kommen von überall her.
So wie Angelika und Eberhard Graf, die gemeinsam mit Freund Timo Hagner aus Heilbronn angereist sind. Das Ehepaar trägt Zylinder, sie zur schicken, düsteren Abendrobe, er hat sich eine Schweißerbrille über den Hut geklemmt. Das Accessoire: ein Gehstock mit Drachenkopf. Was lieben Sie an der Düsterkultur? „Man kann den Alltag hinter sich lassen und in eine andere Rolle schlüpfen“, findet Angelika Graf. „Außerdem ist die Gemeinschaft stark und sehr tolerant.“ Vier Stunden Autofahrt haben die drei Gothic-Freunde auf sich genommen, um in Mülheim zu rocken. „Wir mögen dieses Festival, weil es klein und schnuckelig ist, der Schlosshof und das Ambiente sind einzigartig und man feiert unter Gleichgesinnten“, meinen sie. Außerdem: „Hier kommt man gut mit den Bands in Kontakt“, sagt Angelika Graf. Ihre Festival-Highlights: „Stahlmann, Megaherz und natürlich Oomph“.
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„Das ist besonders gemütlich“
Auf den Hauptact „Oomph!“ am Samstagabend freuen sich auch Lina Koblitz und Damian Wurster ganz besonders. Die beiden sind zum ersten Mal beim Castlerock und warten gespannt in der ersten Reihe vor der Bühne auf die Bands. „Das Gemeinschaftsgefühl ist in der Gothic-Szene sehr groß, hier lernt man außerdem viele nette Leute kennen“, sagen die zwei. „Es gibt viele Burgfestivals, aber das hier ist besonders gemütlich“, findet die 17-Jährige.
Gemütlich geht’s beim Auftritt von Golden Apes oder Megaherz aber weniger zu. Am Abend hat sich die Menge vor der Bühne verdichtet, die Schatten werden länger, die Klänge dunkler, die Musiker geben alles. Und das Publikum dankt es anerkennend: Mit hochgereckten Handzeichen zum Teufelsgruß – dem Symbol des Rock 'n' Roll.