Mülheim.. Im Rahmen des WAZ-Medizinforums präsentierten Ärzte im Evangelischen Krankenhaus Mülheim Chancen und Risiken der Endoprothetik. Altersbeschränkungen für das Einsetzen künstlicher Gelenke gibt es dabei nicht.

Der Einsatz künstlicher Gelenke hat in der Medizin inzwischen einen sehr hohen Standard erreicht, so dass über 90 Prozent der Patienten sich zufrieden über das Ergebnis der Operation äußern. Diese Zahl präsentierten die Ärzte beim WAZ-Medizinforum im Evangelischen Krankenhaus zum Thema „Endoprothetik – Chancen und Risiken künstlicher Gelenke“. Viele befragte Patienten berichten nach der Operation von einer deutlichen Erleichterung und einem Gewinn an Lebensqualität. Nur noch in seltenen Fällen gebe es Komplikationen etwa durch Lockerung der Endoprothesen oder durch Entzündungen.

Erste krankhafte Veränderungen an den Gelenken träten schon sehr früh auf, etwa Mitte 30, ohne dass die Betroffenen etwas davon spürten, so der Orthopäde Dr. Ulrich Reinecke aus Saarn. Spürbare Schädigungen muss jedoch eine wachsende Zahl älterer Menschen ertragen. Am Anfang steht keinesfalls der Einsatz eines künstlichen Gelenkes. Es gebe, so Reinecke, eine Vielzahl von konservativen Möglichkeiten der Gelenkbehandlung. Physiotherapie gehört ebenso dazu wie eine Therapie mit Medikamenten. Generell, das betonten alle Mediziner an dem Abend, gelte das alte Sprichwort: Wer rastet, der rostet. Ein regelmäßiger Sport – insbesondere Walking und Schwimmen, vorsichtig mit Tennis – wirke sich positiv auf die Gelenke aus, da durch den Sport die umgebende Muskulatur quasi als Stütze gestärkt werde.

Keine Altersbegrenzung für künstliche Gelenke

Altersmäßig, so Chefarzt Dr. Willy Izbicki, gebe es keine Begrenzung für künstliche Gelenke. „Wir haben auch schon über 100-Jährigen eine Endoprothese eingesetzt.“ Voraussetzung sei der Allgemeinzustand des Patienten. Der Einsatz eines künstlichen Hüftgelenkes dauert etwa eine bis anderthalb Stunden. Die verwendeten Materialien sind heute Titan und Keramik. „Wer heute ein Kunstgelenk eingesetzt bekommt, kann davon ausgehen, dass es für den Rest des Lebens auch hält.“

Etwa 200.000 künstliche Hüften werden pro Jahr in Deutschland eingesetzt und etwa 170.000 Kniegelenke, wobei der Umfang und die Größe des Ersatzteils je nach Schädigung sehr variieren können. Ziel sei es stets, so Oberarzt Bernd Schwick, dass die Betroffenen wieder ihren Alltag schmerzfrei bewältigen können. So kann der Einsatz von künstlichen Gelenken nicht selten auch eine Unterbringung in einem Pflegeheim zumindest hinauszögern.

Künstliche Bandscheiben

Für den Einsatz künstlicher Bandscheiben, so Chefarzt Dr. Ulf Kerkhoff, kommen in erster Linie jüngere Menschen infrage. Voraussetzung für eine künstliche Bandscheibe sei ein intaktes angrenzendes Wirbelsäulengelenk. Im Alter weise dies jedoch ebenfalls Schädigungen auf, so dass eine künstliche Bandscheibe nicht die gewünschte Wirkung und erhöhte Bewegungsfreiheit zeige, so Kerkhoff.

Wer eine Endoprothese erhalten hat, hat auch Anspruch auf eine Anschlussbehandlung. Diese sei in vielen Fällen auch deshalb notwendig, weil die Patienten aus Kostengründen immer früher aus der Klinik entlassen werden. Chefarzt Werner Binz von der Elfenmaar-Klinik an der Mosel warb beim WAZ-Medizinforum für die Nachbehandlung, um sich auch den Erfolg der Operation zu sichern. Die Nachbehandlung sollte möglichst am Tag nach der Entlassung aus der Klinik beginnen. Sie beinhaltet neben weiteren medizinischen Kontrollen ein konsequentes Aufbauprogramm für Muskeln und Gelenk.

Für einen engen Kontakt zwischen Krankenhaus, Reha-Klinik und niedergelassenem Facharzt plädierte Reinecke. Vor allem sollte auch in den Jahren nach einer Gelenk-Operation das Gelenk wie ein Auto regelmäßig kontrolliert werden.