Mülheim. . In diesem Monat legt die Weiße Flotte wieder vom Mülheimer Wasserbahnhof ab. Kurz vor Saisonstart erklärt Kapitän Ralf Kuhles das Einmaleins der Schifffahrt. Schon als Kind durfte er öfter das Steuerrad halten.
Ab diesem Monat heißt es am Wasserbahnhof wieder: Leinen los für die Weiße Flotte. Einer ihrer acht Kapitäne ist der 46-jährige Ralf Kuhles. Seine Kapitänslehre begann eigentlich schon als Kind. Denn auch sein 1990 verstorbener Vater Heinrich stand schon als Kapitän im Steuerhaus der Weißen Flotte. "Sobald ich meine Hausaufgaben fertig hatte, gab es für mich nichts Schöneres, als meinen Vater zu begleiten, ihm bei der Arbeit über die Schulter zu schauen oder auch schon mal das Steuerrad halten zu dürfen.“
Doch bevor der Sohn hauptamtlich ans Steuer durfte, musste er erst mal eine Ausbildung als Straßenbahnfahrer machen. Später folgten Ausbildungsjahre als Decks- und Bootsmann, ehe er vor sechs Jahren beim Ruhrschifffahrtsamt sein Kapitänspatent erwarb. Vor einem Jahr hat er dann noch sein Rheinpatent gemacht, um die Schiffe der Weißen Flotte bei Sonderfahrten auch über den viel breiteren und stärker befahrenen Rhein steuern zu können.
"Konzentration ist erste Kapitänspflicht"
"Der Rhein ist nicht die Ruhr“, sagt er lakonisch und meint damit, dass es auf dem Strom erheblich schwieriger ist, die 60 Tonnen schweren und 26,5 Meter langen Schiffe so zu steuern, dass sie den großen Transportern nicht in die Quere kommen, geschweige denn anecken. "Man kann so ein Schiff natürlich nicht wie ein Auto fahren oder parken. Man braucht vor allem Ruhe und muss vorausschauend fahren, weil man auch nicht so schnell abbremsen kann, sondern nur ganz langsam den Motor drosseln kann“, erklärt er das kleine Einmaleins eines Kapitäns.
Auch auf der kleinen, gemütlichen Ruhr, wo er nie schneller als zwölf Kilometer pro Stunde unterwegs ist, hat die Sicherheit für ihn immer Vorfahrt. Auch auf seinen Routinestrecken zwischen Mülheim, Kettwig und dem Baldeneysee ist Konzentration die erste Kapitänspflicht, "damit man beim Wenden und Anlegen keinem Kollegen die Finger abfährt oder ein Ruderboot von der Schiffsschraube angesaugt wird.“ Kuhles weiß: "Jede Runde und jeder Tag sind anders.“ Nur wenn die Ruhr ruhig und die Strecke auf weite Sicht frei ist, beantwortet er in seinem kleinen Steuerhaus auf der Mülheim, der Oberhausen, der Heinrich Thöne oder der Friedrich Freye manchmal die Fragen von Fahrgästen oder lässt, in Erinnerung an seine eigenen Anfänge, ein Kind das Steuerrad, das eigentlich Haspel heißt, anfassen. Dann erklärt er etwa seine Schiffshupe, die Positionslampen oder die Ölstandanzeige.
Die Weiße Flotte ist ein teures Vergnügen
Apropos Öl. Um ein Schiff der Weißen Flotte einmal vollzutanken, braucht man 2300 Liter. Den Spritverbrauch beziffert Kuhles auf 25 Liter pro Fahrtstunde. Obwohl die Weiße Flotte für die Stadt ein teures Vergnügen ist, ist er zuversichtlich, "dass dieses Wahrzeichen der Stadt“ auch künftigen Generationen erhalten bleibt.
Überhaupt hat er das Gefühl, dass nicht nur im zurückliegenden Kulturhauptstadtjahr 2010 wieder mehr Menschen mit der Weißen Flotte gefahren sind, weil sie das nahe Freizeitvergnügen neu entdeckt haben. Immer wieder hört er von Fahrgästen, die zum ersten Mal mit der Weißen Flotte fahren: "Ich wusste ja gar nicht, dass es an der Ruhr so schön ist.“ Darüber kann er ebenso nur schmunzeln wie über Kommentare wie diesen: "So wie Sie arbeiten, möchte ich mal Urlaub machen.“ An Urlaub kann Kuhles während der Flottensaison zwischen Mai und Oktober nicht denken. Dafür ist in der Regel erst am Ende des Jahres Zeit. Doch das stört den Junggesellen nicht, der lieber Schiffe als Straßen- und U-Bahnen steuert. "Denn an Bord sind die Leute nicht so verkrampft. Sie wollen nicht nur von A nach B, sondern sind viel lockerer und haben mehr Verständnis.“
Diese Leichtigkeit des Seins führt dann auch beim Ruhrschifffahrtskapitän, der seit kurzem auch zum technischen Wartungsteam der Weißen Flotte gehört, zu dem Gefühl, "dass die Arbeitszeit wie im Flug vergeht“. Hinzu kommt bei ihm das Glück des Tüchtigen. Bisher ging bei ihm niemand über Bord. Auch größere Schäden am Schiff blieben ihm erspart. Und er hofft, dass das auch weiterhin so bleibt.