Mülheim. . Klaus Schröter sammelt seit rund zehn Jahren Schellackplatten, den Vorgänger der Vinyl-Schallplatten. Doch damit nicht genug: Der Sammler hat sich auch in kultur-, technik- und gesellschaftshistorische Aspekte der damaligen Zeit eingearbeitet.

Das Wort „Original“ verwendet Klaus Schröter oft. Wenn er von Original-Aufnahmen spricht, die er auf Original-Geräten abspielt oder über Original-Arrangements. Und dann ist er schnell bei Authentizität, bei Zeitgeist und damit bei dem Grund für seine Leidenschaft, die 6000fach in seinem beheizten Keller steht.

Wie so oft fing es harmlos an: mit einem Grammophon-Nachbau, den Schröter im Jahr 2000 auf einem Trödelmarkt in Venlo erstand. Heute spricht er über „diese Dinger mit den Silber-Trichtern“ despektierlich; denn: Alles nicht original. Damals wusste er es nicht besser, inzwischen ist er Fachmann. Wie es bei Menschen mit einer Passion oft ist, sprudelt auch aus Klaus Schröter das Wissen nur so heraus: Daten, Fakten, Namen, bei denen dem Laien der Kopf schwirrt, die der 43-Jährige aber am gesammelten Objekt belegen kann.

Umfassendes Hintergrundwissen

Wie anhand der einseitig gepressten Caruso-Platte von 1910 – erst ab 1918 konnte beidseitig gepresst werden – oder mit der Platte von 1920, die lauter ist als ihre Vorgänger, da ab den 20ern nicht mehr in den Trichter, sondern ins Mikrofon gesungen wurde, bevor man 1930 die Qualität nochmals steigerte: „Bei 8000 Hertz sprach man damals von HiFi.“ Bis 1957 reicht die Schellack-Ära – und Schröters umfassendes Wissen.

Das jedoch beschränkt sich nicht auf die Musik, die er „Kultur auf höchstem Niveau“ nennt. „Sich mit der Geschichte der Schellackplatte zu befassen, bedeutet auch, in die Zeit der Großeltern einzutauchen, mit allen Irrungen und Wirrungen.“ Und da ist man schnell bei zeitgenössischen Lebenswelten und wie die sich in Texten widerspiegeln, bei der Symbiose von Tonfilm und Musik, bei der Plattenindustrie und der Zensur der Nazis, bei Tanzhäusern und deren Architektur, und und und.

Musikalisch bilden „Stimmen der Zeit“ seinen Sammel-Schwerpunkt. Operetten (auch im Tonfilm) beschäftigen ihn besonders, doch die Übergänge zu anderen Stilrichtungen sind fließend. „Mit heutigen Begrifflichkeiten ist das schwer zu fassen, weil man damals noch nicht so in Kategorien dachte.“ Alle diese zeitgenössischen Stimmen faszinieren ihn und das Können der Sänger. Denn die damalige Technik erlaubte keine Korrekturen im Nachhinein: „Wer sich damals vor einen Trichter oder ein Mikrofon stellte, der musste etwas können.“

Sammler spielt selbst Geige und Trompete

Musik und Geschichte begeisterten Schröter jedoch bereits vor seinem Aha-Erlebnis im Jahr 2000. So arbeitet er in der Unteren Denkmalbehörde, kann Geige und Trompete spielen und singt ab und zu mal ein Tenorkonzert. Er betont: „Die Schellackplatten nehmen nicht meine gesamte Freizeit in Anspruch.“ Aber sie beanspruchen einen Großteil.

6000 Platten wollen sortiert, katalogisiert und auf einem seiner fünf historischen Plattenspieler gespielt werden. Dabei, gibt er zu, hat er nicht alle Platten schon gehört: „Einiges ist der enzyklopädischen Sammelwut geschuldet.“ Einige Lieblinge legt er aber öfters auf, „Bayreuth of Platten“, etwa. „Das sind zehn Platten von den Festspielen aus dem Jahr 1936 – Originalaufnahmen.“ Natürlich.