Mülheim. .

Eine neue Bewegungstherapie soll Frauen nach einem Krebsleiden helfen zu genesen.

In diesem Jahr schaut Birgit Donzelmann nach vorne. Sie hat Ziele. Eines davon ist das Wanderprojekt „Über den Berg“, für das sie mit neun anderen Frauen aus Mülheim und Oberhausen im September ins Kleinwalsertal fahren wird. Die Frauen teilen eine ähnliche Krankengeschichte.

Die von Birgit Donzelmann aus Saarn soll kurz skizziert werden. Denn das vergangene Jahr hat es nicht gut mit ihr gemeint. Was sie erlebte, erleben jährlich viele Frauen. Bei Birgit Donzelmann war es an einem Sonntag im Februar, als die heute 49-Jährige den Knoten in ihrer Brust bemerkte. Die gelernte Arzthelferin wusste, was das bedeutet und zögerte nicht lange. „Die Radiologin sprach gleich Tacheles mit mir“, erinnert sie sich. „Das ist nicht harmlos, hat sie gesagt.“

Operation ohne Amputation

Der Tumor war schon auf eine Größe von sechs Zentimeter gewachsen, seit der letzten Untersuchung beim Frauenarzt vor einem halben Jahr, der ohne Befund geendet hatte. Ultraschall, Mammografie, Biopsie – das ganze Programm. Später Chemotherapie, die Operation, die Strahlentherapie, die Reha – so verging das Jahr. Die gute Nachricht: Birgit Donzelmann konnte so operiert werden, dass keine Amputation nötig wurde, „weil die Chemo bei mir so gut anschlug.“

Frau Donzelmann ist groß und sportlich mit modischer Kurzhaarfrisur. Sie wirkt positiv, zuversichtlich, zufrieden. Doch der Krebs hat sie verändert: „Ich bin“, sagt sie, „heute nicht mehr die, die ich vorher war.“ Damit meint sie nicht nur, dass sie ihr langes, braunes Haar, das sie so gern zum Zopf trug, vor der Chemo abschneiden ließ, weil sie es ja doch verlieren würde.

Kontrolle über das Leben zurückerobern

„Ich brauchte lange, um wieder auf die Beine zu kommen“, sagt sie. „Das holt einen alles ganz schön von den Füßen.“ Nicht nur körperlich. Diagnose, Therapie, gesund – auf diese simple Formel lässt sich Krebs nicht reduzieren. Betroffene Frauen wissen das. Dass sie wieder zu Kräften kommen müssen, auch, um ihren Ängsten die Stirn bieten zu können. Dass sie die Kontrolle über ihr Leben zurückerobern müssen, ihren Körper stark machen müssen, damit die Seele es auch (wieder) wird. Damit sie eben so richtig über den Berg kommen.

„Über den Berg“ heißt auch das Pilotprojekt des Brustzen­trums Mülheim/Oberhausen (BZMO). Eine neue Bewegungstherapie für Frauen nach einer Brustkrebserkrankung, die dabei helfen soll, körperlich und psychisch zu genesen. Begleitet von Ärzten, betreut von einem Sportlehrer und nicht zuletzt von der Gesundheitstrainerin Astrid Schulz, die sich vom Kölner Sportwissenschaftler Dr. Freerk Baumann zu der Idee inspirieren ließ. Baumann hat nämlich mit seinen Studien nachgewiesen, dass längere Wanderungen sich gut auf die Genesung von Krebspatienten auswirken.

Astrid Schulz betreut im Ev. Krankenhaus Mülheim Krebspatientinnen in einer Nordic-Walking-Gruppe. Mit Anke Pollmanns, Oberärztin, leitet sie das Wanderprojekt, das sich vor allem an Frauen richtet, die finanziell nicht gerade auf Rosen gebettet sind. Durch ihre Ärztin Anke Pollmanns erfuhr auch Birgit Donzelmann von dem Wanderprojekt. Sie freut sich auf die Wanderwoche mit den Frauen, die das Gleiche erlebt haben wie sie. Weil man da vieles nicht mehr erklären muss. Aber gemeinsam etwas schaffen wird man – und bestimmt viel Spaß dabei haben.