Einst als Modellstrecke geplant, sollte die U-Bahn 18 das ganze Ruhrgebiet verbinden – und ist steckengeblieben.
2006 sind die Architekten von „Raumlabor Berlin” losgezogen. Unter U(Topie) 18 entstanden bislang ein Film und Stadttouren durch Duismülsen – Duisburg, Mülheim und Essen. Über das nächste Projekt, die Eichbaumoper, spricht Matthias Rick vom Raumlabor Berlin.
Wie kam dann die Idee zu einer Oper an der U-Bahn-Haltestelle Eichbaum?
Rick: Schon bei unseren ersten Recherchen sind wir auf diesen Ort gestoßen und haben gespürt, was für eine Kraft in ihm steckt. Die Vision „Opernhaus” war gleich da.
Warum gerade eine Oper?
Rick: Es ist ein gewaltiger Ort mit einem unheimlichen Klangraum. Und wenn man bedenkt, was für eine Geschichte auf diesem Ort lagert, wo sich Gemeinschaft konstruiert. Es ist eine sehr romantische Geschichte. Hier stand ehemals ein Eichbaum. Daneben gab es eine Gaststätte, die hieß „Becker am Eichbaum”, da waren Hochzeiten, Konfirmationen und Beerdigungen.
Aber die Haltestelle ist auch ein angstbesetzter Ort.
Rick: Es gab in den 80ern viele Vergewaltigungen. Das ist in den Köpfen der Leute immer noch da. Wir haben jetzt mit der Polizei gesprochen. Es gibt hier statistisch definitiv weniger Kriminalität als in der Essener Innenstadt. Hier wohnen ja viele Leute. Mit der Opernbauhütte haben wir so eine Art Marktplatz geschaffen. Und ich bin freudig überrascht, wenn sich alleine durch das Aufstellen der Buchstaben „Eichbaumoper” plötzlich ein Ort in der Wahrnehmung der Leute komplett verändert. Dann werden uns immer mal wieder die Buchstaben geklaut, das O und das P, dann wird daraus Eichbaumer. Das finde ich eine positive Aneignung, das zeigt, dass man sich damit identifizieren kann. Wir konfrontieren die Leute hier ja mit einem Konstrukt. Da ist nicht jeder mit glücklich.
Mit welchem Ziel?
Rick: Die aufwändige Architektur haben wir einerseits aufgebaut, um eine Landmarke, um Sichtbarkeit zu erzeugen, weil dies ein so verschluckter Ort ist. Andererseits wollen wir diesem Ort eine Chance geben. Wir können ihn ja nicht ausradieren, er ist ja da. Im Prinzip ist es ein Geschenk. Wir machen ein Projekt und lassen es hier.
Und die weitere Nutzung?
Rick: Ja, da haben wir Ideen. Aber das ist natürlich auch eine Finanzierungsfrage. Wir würden uns wünschen, dass es einen Träger gibt, mit dem wir gemeinsam eine Strategie entwickeln, damit dieser Ort kulturell weitergenutzt werden kann. Die Oper ist nur ein Schritt im ganzen Prozess. Vielleicht finden wir ein Anschlussprojekt für 2010.
Es wird aber kein richtiges Operngebäude entstehen?
Rick: Hier wird eine Oper uraufgeführt – in der U-Bahn, auf dem Bahnsteig. Wir werden noch einiges umbauen. Es wird eine große Tribüne und Bühnen geben. Die Opernbauhütte wird Teil der Bühne sein. Wir transportieren große Teile der Opern-Infrastruktur hierher. Wir sind dabei, eine leerstehende Gaststätte nutzen zu dürfen, wo Sänger eine Garderobe haben, was essen können.
Wie ist der Stand der Dinge?
Rick: Die Recherche-Phase ist vorbei. Es gibt Komponisten-Autoren-Teams, die erste Teile ihres Opernstückes entwickeln. Es sind Libretti und Kompositionen entstanden.
Das Know How kommt vom Musiktheater Gelsenkirchen?
Rick: Gelsenkirchen macht sozusagen die musikalische Realisierung, da kommen die Sängerinnen, die Sänger und das Orchester her. Es werden rund 50 Künstler sein. In der Opernbauhütte gibt es ja einige Workshops. Da überlegen wir gerade, wie wir diese Rollen einbauen.
Workshops, Stammtische in der Opernbauhütte. Gibt es Leute, die sagen, die spinnen?
Rick: Ja. Es gibt Leute, die sagen, die spinnen. Und es gibt Leute, die sagen, das ist wunderbar. Was ich toll finde, dass die samstags nebeneinander ihren Rasen mähen und dann darüber diskutieren. Das nenne ich Auseinandersetzung mit dem Ort.