Mülheim.

Martin Rieth ist Polizist. Auf Verbrecherjagd geht er nicht - er findet sie, bevor sie ihre Tat begehen. Rieth arbeitet als Jugendkontaktbeamter präventiv gegen Jugendkriminalität. Er ist Ansprechpartner für Lehrer, Schüler, Eltern und Behörden.

Martin Rieth (47) soll dafür sorgen, dass es bei Jugendlichen gar nicht erst zu Straftaten kommt. Der Jugendkontaktbeamte ist seit mehr als drei Jahren in Mülheim vor allem präventiv, also in der Vorbeugung, tätig.

Kein Anstieg von Straftaten

Den Eindruck, dass mehr Jugendliche im Bereich Innenstadt, Bahnhof oder am Rhein-Ruhr-Zentrum durch Gewalttaten auffällig geworden sind, kann Rieth nicht bestätigen „Statistisch“, sagt er, „ist dieses Empfinden nicht nachvollziehbar. Die Anzahl der angezeigten Straftaten ist im Vergleich zu den Vorjahren nicht drastisch angestiegen.“ Die Tendenz in der Jugendkriminalität sei nicht steigend, für 2009 hatte die Polizei für den Bereich Mülheim sogar sinkende Zahlen gemeldet.

Sachbeschädigung, Körperverletzung und Diebstahl seien, so Martin Rieth, typische Jugenddelikte. Inwieweit auch sein Einsatz geholfen hat, Straftaten zu verhindern, steht in keiner Statistik. Während sich drei seiner Kollegen aus dem Regionalkommissariat Mülheim um die Strafverfolgung krimineller Jugendlicher kümmern und die „EG-Jugend“ der Polizei Essen/Mülheim um die etwa 80 jugendlichen Intensivtäter (darunter zehn bis 15 aus Mülheim), ist Martin Rieth Ansprechpartner für Lehrer, Schüler, Eltern und Behörden.

Veränderter Umgang mit Gewalt

Seit November 2010 arbeitet er allein für alle weiterführenden Schulen in Mülheim, von der Förderschule bis zum Gymnasium. Denn die Behörde reduzierte die Zahl der acht Jugendkontaktbeamten in beiden Städten (sechs in Essen und zwei in Mülheim) um die Hälfte. Dafür sollen sich die verbliebenen Jugendkontaktbeamten ausschließlich um die präventive Arbeit kümmern können und nicht mehr für andere Aufgaben herangezogen werden, begründete die Behörde.

Martin Rieth ist der erste Ansprechpartner in Krisenfällen, etwa bei Amokdrohungen an Schulen. Er ist seit 30 Jahren bei der Polizei und beobachtet, dass es heute in der Tatausführung bei Jugendlichen eine Tendenz gibt, intensivere Gewalt anzuwenden. Andererseits sinke die Gewaltakzeptanz in der Gesellschaft, die Wahrnehmung von Gewalt und der Umgang damit verändere sich. „Gewalt auf dem Schulhof wird zum Beispiel heute nicht mehr toleriert, es werden viel mehr Anzeigen erstattet“, sagt er.

Opfern Mut machen

In seiner Arbeit setzt Martin Rieth bei der gewaltfreien Lösung von Konflikten in Zusammenarbeit mit den Schulen an. Er spricht nicht nur mit den Tätern, sondern macht auch den Opfern Mut, sich zu melden. In seinen Schulsprechstunden geht es um Themen wie Mobbing, Beleidigung, Nötigung, Sachbeschädigung oder auch Körperverletzung. „Ich erlebe in vielen Situationen, dass man einen Konflikt häufig schon vor einer Straftat lösen kann.“