Mülheim. .

Jungen brauchen spezielle Förderung. Da sind sich die Initiatoren des "Arbeitskreises Jungenarbeit" einig. Acht Sozialarbeiter und Pädagogen planen in Zusammenarbeit mit Schulen und Vereinen ein erstes Programm - mit dabei: Vater-Sohn-Aktionen.

Wird genug getan für die Jungs in unserer Stadt? Dieser Frage geht ein neuer Arbeitskreis nach: Acht Männer aus dem sozialen Bereich haben sich zusammengefunden, Ziele gesetzt und sogar eine Frist. Zu den Gründern der Gruppe gehört Norbert Kathagen, der als Diplom-Pädagoge bei der Ginko-Stiftung tätig ist. Er kennt sich mit Suchtvorbeugung aus und sagt: „Ich stelle immer wieder fest, dass Jungen andere Dinge tun aus anderen Motiven heraus als Mädchen.“ Beispielsweise beim Trinken von Alkohol oder bei der Nutzung von Medien.

Auch Richard Grohsmann, Leiter des Jugendzentrums Stadtmitte, macht mit. Mädchengruppen gibt es in seiner Einrichtung längst, Jungengruppen erst seit kurzem. „Sie werden gut angenommen“, meint Grohsmann. Und zwar nicht nur als zusätzliches Freizeitangebot, sondern auch, wenn es etwa um Sexualaufklärung geht. „In gemischten Gruppen geben sich die Jungen oft albern oder besonders cool, dort stören sie.“

Jungen brauchen andere Ansprache

Was beide Fachmänner verbindet, ist die Erfahrung, dass eine getrennte Ansprache der Geschlechter bisweilen sinnvoll ist. Der Arbeitskreis zielt dabei auf Jungen und junge Männer im Alter von sechs bis 27 Jahren. Deren Selbst- und Gesundheitsbewusstsein soll gefördert werden, sie sollen über sich nachdenken und den Mut fassen, neue Wege zu gehen. „Dann brauchen sie vielleicht bestimmte Attribute nicht mehr“, so Kathagen, „vor allem Gewalt.“ Dass sie nicht gegen Mädchen arbeiten, betonen sie ausdrücklich. „Mädchenförderung ist ganz wichtig. aber es muss auch Jungenförderung geben.“

Um zu überblicken, welche jungenspezifischen Angebote schon bestehen, wurde ein Fragebogen formuliert. Er soll an Schulen, Jugendzentren, Verbände, Sportvereine geschickt werden und, wie Kathagen hofft, „innerhalb der nächsten zwei, drei Monate“ ausgefüllt zurückkommen. Manches ist Ansichtssache: Ob etwa ein Fußballverein seine männliche C-Jugend-Mannschaft als Angebot der Jungenförderung begreift, bleibt ihm überlassen.

Ganz unabhängig davon hat sich der Arbeitskreis auch schon mögliche Maßnahmen einfallen lassen. Vater-Sohn-Aktionen könnten organisiert werden, um eine Beziehung zu stärken, die in vielen Familien (vorgeblich aus Zeitmangel) vernachlässigt wird. Speziell für Hauptschüler soll es Projekte zur Leseförderung geben – „Jungen sind die Verlierer im Bildungsbereich“, meint Richard Grohsmann und streift ein zur Zeit lebhaft diskutiertes Thema.

Boys Day startet mit vielen Veranstaltungen

Auch für den ersten bundesweiten „Boys Day“, der am 14. April 2011 parallel zum „Girls Day“ stattfinden soll, plant der Arbeitskreis Veranstaltungen. Es gibt es extrem wenige Männer, die in Kindertagesstätten oder an Grundschulen arbeiten. Muss das so sein, soll das so bleiben? Außerdem regt die Gruppe noch ein Novum an: eine Mülheimer Jungenkonferenz. Sie könnte neben den üblichen Akteuren auch Schulen, Kitas und Ausbildungsstätten an einen Tisch bringen.

Man hat sich viel vorgenommen, und doch kalkuliert die Gruppe ihre eigene Auflösung mit ein: „Wir wollen keine Dauereinrichtung werden, sondern Initiativen setzen“, sagt Kathagen. 2013 soll geprüft werden, was der Arbeitskreis erreicht hat und ob er noch gebraucht wird.