Mülheim. .
Seit 1997 bleiben rund drei Viertel der Ampeln in Mülheim nachts ausgeschaltet. Strom kann die Stadt damit aber heute kaum noch sparen. Auch die Unfallzahlen waren nur anfangs höher als normal.
Lässt sich von hohen Unfallkosten auf hohe Unfallzahlen schließen? Dieser Frage will die NRW-Landesregierung ab September nachgehen. Denn eine Studie des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft ergab, dass die Kosten für die Folgen von Unfällen höher sind als die Stromersparnis, die nachts abgeschaltete Ampeln bringen. Nun sollen die Bezirksregierungen Zahlen liefern, wie sich die Nachtabschaltung auf die Unfallstatistik auswirkt. Mülheim wird keine gestiegenen Zahlen beisteuern: Hier bleiben Ampeln seit inzwischen 13 Jahren zwischen 23 und 4 Uhr aus. Früher aus finanzieller Sicht, heute vor allem der Umwelt zuliebe.
„Bei uns läuft alles gut und ruhig“
Uwe Rippke, erster Polizeihauptkommissar (EPHK) und Leiter des Verkehrskommissariats 12, sagt es deutlich: „Bei uns läuft alles gut und ruhig.“ Michael Kosch vom städtischen Amt für Verkehrswesen und Tiefbau sieht das ebenso. Allerdings muss man zugeben, dass das vor 13 Jahren anders aussah. Genau am 2. April 1997 erloschen in Mülheim als einer der ersten Städte erstmals um 23 Uhr die Ampeln – und zwar alle bis auf vier, die wegen querender Straßen- oder Hafenbahn angeschaltet blieben. Prompt knallte es kräftig: 16 Mal im April ‘97, 14 Mal im Mai, im Juni und Juli weitere 19 Mal. Erst im August wurde es ruhiger. Keine Unfälle wegen dunkler Signalanlagen, lautete die Meldung dort.
„Die Grundidee damals war, dass man die Leute besser mit dieser Situation konfrontieren kann“, erinnert sich Michael Koch, damals wie heute für die Signaltechnik in der Stadt verantwortlich. Ein paar Ampeln aus, ein paar an würde für mehr Unsicherheit sorgen, fürchtete man. Freilich gingen dort, wo sich Unfallschwerpunkte offenbarten, die Lichter nach und nach wieder an. Heute sind von 195 Mülheimer Anlagen rund 150 zwischen 23 und 4 Uhr aus. An Autobahnabfahrten etwa bleibt das Rotlicht an. „Wenn man von der Autobahn kommt, ist man an andere Geschwindigkeiten gewöhnt“, erklärt Uwe Rippke . Da sei die Ampel ein deutliches Signal, vom Gas zu gehen. Auch große Kreuzungen, wie die am Mühlenberg, schaltet man nicht ab. Die Kreuzung könne man wegen ihrer Größe schlecht überblicken. Andererseits erwiesen sich laut Kosch Stellen im Stadtgebiet, „wo niemand damit gerechnet hätte, dass da überhaupt etwas passiert“, als Knackpunkt. Die Kreuzungen Saarner/Kirchstraße, Friedrichstraße/Wertgasse oder Hardenberg-/Geitlingstraße sind Beispiele dafür. „Inzwischen haben wir eine Situation, in der ich sagen würde: Noch mehr würde ich nicht abschalten“, sagt Kosch.
LED haben Glühbirnen abgelöst
Energiesparen wollte man Ende der 1990er. Finanzielle Aspekte waren damals das Hauptmotiv. 50 000 DM, so die Rechnung im Januar 1998, wurde der Strometat im ersten Jahr entlastet. Im Jahr 2002 errechnete Kosch noch eine zehnprozentige Stromersparnis für fünf Stunden ohne Rotlicht. Doch seit 2006 wurden alle Anlagen umgerüstet. Kosch: „Die LEDs haben diese Ersparnis deutlich getoppt.“ Sieben statt 70 Watt, das brachte eine Menge. Davon, weiteren Ampeln den Saft abzudrehen, rät der Experte deshalb ab. Dieser Vorschlag wurde von Bürgern bei der Diskussion um die Haushaltskonsolidierung mehrfach gemacht. „Die Ampeln, die noch an sind, sind aus Sicherheitsgründen an“, betont Polizist Uwe Rippke. Würde man die Ampeln abschalten, müsste man sie spätestens nach dem zweiten Unfall wieder anschalten. Kosch: „Die Umprogrammierung der Signalanlagen wäre teurer als der gesparte Strom.“