Mülheim. So eine Stelle ist nicht alle Tage ausgeschrieben: In Mülheim wird ein/e Kapitän/in für ein besonderes Ruderboot gesucht. Was er/sie können muss.
Sein Job ist ungewöhnlich und ausgesprochen cool: Stephan Middendorf steuert das Wikingerschiff, das im Sommer häufig auf der Ruhr bei Mülheim zu sehen ist. „Das macht riesigen Spaß“, sagt der 47-Jährige. Weil der erfahrene, temperament- und humorvolle Schiffsführer und seine bisherigen Kollegen aber nicht alle Touren-Termine von April bis Oktober abdecken können, wird jetzt ein weiterer Käpt’n für das „MüWi“ gesucht.
Im letzten Sommer, seiner ersten Saison als Steuermann des Wikingerschiffes, stand Stephan Middendorf sehr oft am Ruder und lenkte das hölzerne, zwölf Meter lange Wasserfahrzeug sicher stromauf- und stromabwärts. „Die Ruhr hat zwischen Essen und Mülheim schon einige Stellen, an denen man auf die Strömung aufpassen muss. Außerdem gibt es dort häufig Wind, der das Schiff vom Kurs abbringen kann“, berichtet er. Achtgeben muss der Experte auch auf die anderen Nutzer des Flusses – auf die Dampfer der Weißen Flotte, die Ruderboote und Kanus, die Stand-Up-Paddler.
Reichlich Verkehr auf der Ruhr bei Mülheim
„Im Sommer ist reichlich Verkehr auf der Ruhr. Die Schiffe der Weißen Flotte haben Vorfahrt, weil sie unter die Berufsschifffahrt fallen – und sie hupen auch, wenn man ihnen im Wege ist oder an ihrem Anleger Halt gemacht hat“, berichtet Stephan Middendorf. Auf Wasserwegen kennt er sich richtig gut aus. „Ich fahre mit Booten rum, seit ich 14 bin. Damals war es in meiner Familie Tradition, dass man als Jugendlicher zur Hanseatischen Yachtschule in Glücksburg geschickt wurde, um das Segeln zu lernen“, erinnert sich der Familienvater. „Zu jener Zeit war ich noch ein langhaariger Skateboardfahrer und wollte das gar nicht unbedingt, aber später ist das Bootfahren zu meinem liebsten Hobby geworden.“
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Selbstverständlich besitzt Middendorf, hauptberuflich als Vertriebsleiter in einem Sägewerk tätig, daher auch den Sportbootführerschein Binnen. Diesen muss man der Mülheimer Stadtmarketing und Tourismus GmbH (MST) auch vorlegen, wenn man sich als (nebenberuflicher) Schiffsführer des MüWi bewirbt. Dort will man sichergehen, dass der Steuermann oder die Steuerfrau sich mit Seezeichen, Vorfahrtsregeln auf dem Wasser, einem Bootsmotor oder auch mit Vorsichtsmaßnahmen an Bord genau auskennt.
14 Matrosen passen auf Mülheimer Wikingerboot
„Der Führerschein ist Pflicht, wenn das Boot mit Motor angetrieben und nicht nur gerudert wird“, erklärt Stephan Middendorf. Letzteres müssen nämlich die 14 „Matrosen“ tun, die mit dem MüWi in See stechen können. Es sind in der Regel Gruppen, die einen Betriebs- oder Familienausflug machen, einen Junggesellenabschied oder runden Geburtstag feiern. Jeder an Bord wird dann an einem Ruder platziert, muss sich mit zwei Händen ins Zeug legen und Muskelkraft beweisen. Lauthals oder trommelnd den Takt angeben wie der Steuermann in einem Drachenboot muss der Wikingerboss nicht. Die Ruderer richten sich nach den Schlagleuten, die ganz vorne im Boot sitzen.
Drei Touren mit dem originalgetreu nachgebauten Wikingerschiff bietet die MST an: Eine Schnuppertour (60-120 Minuten, kann man auch als Einzelperson buchen, die Besatzung wird zusammengewürfelt), eine längere Fahrt, bei der man in Mintard einsteigt und zum Wasserbahnhof rudert (circa zwei bis drei Stunden) und eine richtig sportliche Variante, die von Kettwig nach Mülheim führt (vier bis fünf Stunden). „Da müssen die Leute sich ganz schön anstrengen, wir können aber auch zwischendurch Stopps machen“, erläutert Middendorf. Zu brenzligen Situationen sei es unter seinem Kommando noch nicht gekommen. „Ins Wasser gefallen ist noch keiner und die Kontrolle über das Schiff haben wir nie verloren.“
Mülheimer: Bin Moderator und manchmal auch Clown
Heiter geht es an Bord aber meistens zu, auch Wikingerhelme liegen für Kostüm-Fans bereit. „Ich selbst bin kein Rollenspieltyp, verkleide mich nicht als Wikinger. Aber ich bin kein Spielverderber, trete als Moderator und manchmal auch als Clown auf“, berichtet der MüWi-Kapitän lachend. Alkoholgenuss ist bei ihm auf dem Boot in Maßen („ein Bierchen ist okay“) erlaubt. „Jeder Schiffsführer hat aber das Sagen, entscheidet, ob etwas getrunken werden darf.“ Ein Nachteil des Getränkekonsums ist nämlich: So mancher Ruderer muss mittendrin aufs WC… Dann muss erst mal irgendwo angelegt werden.
Spaß an der Schifffahrt, am Kontakt mit Menschen und Freude an der Natur sollten die Kandidaten haben, die sich als Schiffsführerin oder Schiffsführer bei der MST bewerben. Sie müssen zeitlich flexibel sein, vor allem auch am Wochenende einsatzbereit, und die Touren eigenständig durchführen können. Stephan Middendorf kann den ungewöhnlichen Job nur empfehlen: „Es gehört ein bisschen Idealismus dazu, aber es ist immer wieder schön.“
Bewerbungen als Schiffsführer: Tel. 0208 / 9609646 oder Touristik@mst-mh.de. Infos zu Touren mit dem Wikingerschiff unter muelheim-tourismus.de/ruhr.