35 Jahre teilte sich das Pfarrer-Ehepaar Cohen eine Seelsorgestelle in Mülheim. Für den Ruhestand an der Nordseeküste haben sie große Pläne.

Alles hat einmal ein Ende, auch das schönste Berufsleben. Am 18. Dezember, dem vierten Adventssonntag, feiern Pfarrerin Annegret Cohen und ihr Mann Pfarrer Justus Cohen mit einem Gottesdienst ab 11.15 Uhr in der Petrikirche ihren Abschied als Seelsorger.

Mitte der 1980er Jahre versuchte die Mülheimer CDU-Bundestagsabgeordnete Helga Wex, nach der jetzt ein Weg in Heißen benannt worden ist, das Thema Jobsharing auf die politische Agenda zu setzen. Es sollte den Weg zu einem partnerschaftlichen und gleichberechtigten Berufs- und Familienleben ebnen. Annegret und Justus Cohen, die nach ihrem gemeinsamen Theologiestudium in Göttingen 1987 eine Pfarrstelle suchten, wagten direkt den Praxis-Test.

Jobsharing als Paar? Davor wurden die Wahl-Mülheimer gewarnt

Auch wenn es Bedenkenträger gab, ließ sich die damalige Evangelische Kirchengemeinde Menden-Raadt auf das seelsorgerische Doppelpack ein. „Wenn ihr das macht, seid ihr bald geschiedene Leute“, erinnern sich Annegret und Justus Cohen an Mahnungen zu ihrem Tandemstart ins geistliche Berufsleben. „Doch wir sind immer noch verheiratet und verstehen uns erschreckend gut“, sagen sie 35 Jahre und ein Berufsleben später.

Ihre Entscheidung, Beruf und Leben zu teilen, haben er – der am 11. Dezember 64 Jahre alt wird – und sie – die am 31. Dezember ihren 63. Geburtstag feiert – „nie bereut“. Beiden war und ist klar: „Wenn man sich eine Pfarrstelle teilt, dann verliert man Geld, gewinnt aber Lebensqualität.“

Für die Pfarrer aus Mülheim war Seelsorge immer Teamarbeit

Als Seelsorge-Paar waren sie zunächst in Menden-Raadt, dann in Heißen und zuletzt sechs Jahre lang in der Vereinten Evangelischen Kirchengemeinde Mülheim im Einsatz. Auch wenn sie in der Zeit „viele Verluste verarbeiten mussten“, die ihnen und den Menschen in ihren Gemeinden durch die kirchliche Umstrukturierung der vergangenen 15 Jahre zugemutet worden sind, blicken sie dankbar auf ihr gemeinsames Berufsleben zurück. „Pfarrer und Pfarrerin zu sein ist für uns der schönste, weil vielfältigste Beruf, den man haben kann“, sagen sie mit Blick auf die Menschen, für die sie 35 Jahre als Seelsorger in Mülheim arbeiten durften.

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„Im persönlichen seelsorgerischen Gespräch haben wir auch von kirchenfernen Menschen viel Zuspruch und Dankbarkeit erfahren, was man angesichts der öffentlichen Kirchenkritik nicht unbedingt vermuten würde“, resümieren Cohen & Cohen. Besonders dankbar sind sie dafür, dass sie Kirche als Teamwork, auch im ökumenischen Sinne, und als Kulturraum erleben konnten, in dem es zum Beispiel einen Literaturkreis, Chöre, Singschulen oder Kunstausstellungen gibt. All diese Angebote haben sie auch als einen Teil der menschlich bereichernden Seelsorge und Gemeinde verstanden.

An der Nordseeküste wartet auf die Ruheständler eine neue Lebensaufgabe

Und wie geht es jetzt für die Cohens weiter? „Wir starten zu einem Marathon“, sagt das Ehepaar mit Blick auf seinen gemeinsamen Ruhestand an der deutschen Nordseeküste. Der Rheinländer Justus Cohen folgt der Ostfriesin Annegret Cohen in ihr Elternhaus. Das wollen beide zu einem klimaneutralen Haus umbauen. So schließt sich der Lebenskreis. So wie vor 35 Jahren beim Jobsharing, entscheiden sie sich jetzt gemeinsam für den Klimaschutz. „Über Lebensqualität und Klimaschutz darf man eben nicht nur reden. Man muss es machen“, beschließen Annegret und Justus Cohen.