Mülheim. Im Sommer „stranden“ viele Igel: Die Igelfreunde Ruhrgebiet und das Igelnotnetz aus Mülheim geben Tipps, wie man notleidenden Igeln helfen kann.

Jacqueline Krajinski hebt das rund 14 Tage alte Igelbaby ganz vorsichtig mit zwei Fingern hoch, setzt es auf ihre Handfläche und erklärt: „In dem Alter sind die Stacheln der Igel noch ganz weich.“ Krajinski ist Vorstand des Vereins Igelfreunde Ruhrgebiet und kümmert sich um stachelige Säugetiere, die in Not geraten sind.

Jacqueline Krajinski kümmert sich um Igel, die in Not geraten sind.
Jacqueline Krajinski kümmert sich um Igel, die in Not geraten sind. © FUNKE Foto Services | Christoph Wojtyczka

„Provisorisch“, nennt sie ihre Pflegestelle im Büro in Dümpten, wo sie aktuell Igel aller Altersklassen pflegt. Ein anderer ausgewachsener Igel, der bei ihr in Pflege ist, habe vermutlich eine böse Begegnung mit einem Freischneider oder Mähroboter gehabt, der ihm eine tiefe Wunde am Kopf zufügte. Nicht nur Mähroboter, Freischneider oder weggelaufene Mütter bereiten den Igeln Probleme, sondern auch Swimmingpools, steile Kellertreppen und Lichtschächte als Stolperfallen, aber aktuell besonders die Temperaturen. Zu dieser Jahreszeit mache den Igeln zusätzlich die starke Dauerhitze zu schaffen.

Sommer in Mülheim: Igel leiden unter Hitze

Durch den wenigen Regen fänden Igel nicht genügend Wasserstellen zum Trinken, obwohl der Igel die meiste Flüssigkeit über die Nahrung aufnehme. „Zum anderen verkriechen sich die wenigen Insekten, die es noch gibt, so weit unter die Erde, dass der Igel diese in der trockenen Erde nicht hervorbuddeln kann“, erklärt Jacqueline Krajinski. „Dementsprechend verhungert der Igel uns vor den Augen“, fügt sie noch hinzu.

Wie kann man den Igeln also helfen? Gegen den Durst der Igel helfe eine flache Schale mit Wasser im Garten, meint die Tierschützerin. Mit Rührei und Katzenfutter könne man Igel gut zufüttern, hierbei müsse man jedoch auf ein paar Dinge achten. Das Katzenfutter sollte eine Pastete sein und ohne Sauce oder Gelee, sagt Krajinski.

Zum Zufüttern von Igeln eignet sich Katzenfutter. Dabei gilt es einiges zu beachten.
Zum Zufüttern von Igeln eignet sich Katzenfutter. Dabei gilt es einiges zu beachten. © FUNKE Foto Services | Christoph Wojtyczka

Auch beim Igelnotznetz weiß man um die Beschwerden, die die Hitze für die Igel mit sich bring. Jennifer Kaniewski, die Pflegestellen für die Säuger in Not vermittelt, kennt ebenfalls einige Tipps: Das Katzenfutter sollte mindestens 60 Prozent Fleischanteil haben und keinen Zucker oder Getreide enthalten. Ein Rührei müsse ungewürzt und ohne Milch zubereitet werden, damit es für den Igel gut verträglich sei. Viele würden einen Fehler machen, indem sie Igeln Obst und Milchprodukte anböten, die können sie aber gar nicht verstoffwechseln. Jennifer Kaniewski sagt: „Einem Igel Obst zu geben, ist so sinnvoll, wie einem Kaninchen Hackfleisch zu geben“.

Erste Hilfe für Igel in Mülheim auch bei Facebook

Diese Maßnahmen helfen Igeln im Allgemeinen – aber was tun, wenn man mal einen verletzten oder in Not geratenen Igel findet? Jacqueline Krajinski von den Igelfreunden erklärt: Der Igel sollte am besten mit Handschuhen oder einem Handtuch seitlich unter den Bauch gegriffen und vorsichtig hochgehoben werden, denn hier sitzen keine Stacheln. „Igel haben die gleiche Körpertemperatur wie Menschen und wenn sich der Igel auf der Handfläche kalt anfühlt, ist der erste Schritt, ihn auf eine Wärmflasche zu setzen“, erklärt sie. Wenn der Igel aufgewärmt ist, könne man ihm Essen und Trinken geben. „Meist reichen zwei, drei Tage Pflege, bis der Igel wieder frei gelassen werden kann“, sagt sie.

Wer sich selbst die Pflege eines in Not geratenen Igels nicht zutraut, dem empfiehlt Jennifer Kaniewski vom Igelnotnetz, eine Pflegestelle zu suchen. Die ließen sich in der Regel über Facebook-Gruppen, Tierärzte oder Tierheime finden.

Anlaufstellen für Igel-Hilfe

Die Igelfreunde e.V. sind ein gemeinnütziger Verein mit mittlerweile etwa 40 Mitgliedern. Im vergangenen Jahr hat der Verein eigenen Angaben zufolge etwa 200 verletzten oder erkrankten Igeln im Raum Ruhrgebiet helfen können. Die Igelfreunde verzeichnen eine Erfolgsrate von 85 Prozent, ein Großteil der Tiere kann wieder ausgewildert werden. Kontakt: info@igelfreunde-ruhrgebiet.de.

Das Igel-Notnetz bietet eine kostenlose Notruf-Hotline an, unter der verletzte Tiere gemeldet werden können: 0800 723 57 50. Über die Hotline erhalten die Anrufenden Hilfe. „Wir geben erste Anweisungen und Tipps. Während der Finder sich ganz auf die erste Versorgung konzentrieren kann, suchen wir im Hintergrund nach der nächsten Pflegestelle.“