Mülheim. Mit Blick auf den Herbst wird zu einer Auffrischung der Corona-Impfung geraten. Doch wann lohnt es sich für wen? So ist die Lage in Mülheim.

Viele Menschen überlegen derzeit, ob sie sich ein viertes Mal impfen lassen oder lieber auf den neuen Impfstoff warten – vor wenigen Tage noch appellierte der Corona-Krisenstab der Stadt, sich zeitnah mit seinem Hausarzt über eine mögliche Auffrischung des Impfschutzes zu beraten. Macht sich die „Sommer-Welle“ in Mülheim bemerkbar?

Anfang August wurden im Katholischen Krankenhaus 17 Corona-Patienten stationär behandelt, wie die Klinik auf Nachfrage mitteilt. Davon drei Menschen auf der Intensivstation, wovon wiederum zwei beatmet wurden. „Im Juli waren es deutlich mehr Patienten. Ende Juli und im August sind die Zahlen gesunken“, erläutert Katharina Landorff von der Unternehmenskommunikation des St. Marien-Hospitals.

Corona in Mülheim: St. Marien-Hospital hat Impfangebot

„Wir informieren seit Wochen die Mitarbeitenden des St. Marien-Hospitals Mülheim an der Ruhr über Auffrischungsimpfungen und bieten spezielle Impftermine an.“ Um dies möglichst einfach zu gestalten, können die Mitarbeitenden über die Contilia-Arbeitsmedizin online ihren persönlichen Termin vereinbaren. Die Impfaktion läuft bereits und geht vorerst bis zum 2. September 2022. Das Angebot ist für das bestehende Team, aber auch neue Mitarbeitende oder Auszubildende“, so Landorff. Am Evangelischen Krankenhaus ist die Lage etwas anders: „Das EKM ist als Impfstelle der Stadt registriert. Derzeit werden keine öffentlichen Impfangebote im EKM durchgeführt. Sollte die Nachfrage Richtung Herbst wieder steigen, werden wir uns im EKM gerne wieder mit größeren Impfangeboten beteiligen“, erklärt Silke Sauerwein, die Leiterin der Unternehmenskommunikation des Evangelischen Krankenhauses.

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Dr. Stephan von Lackum ist Kreisstellengeschäftsführer der Kassenärztlichen Vereinigung, Mitglied im Corona-Krisenstab und leitender Impfarzt in Mülheim. „Die Impfstellen sind in allen Kreisen und kreisfreien Städten geöffnet und bei Weitem nicht ausgelastet“, erklärt von Lackum. Die Öffnung der Impfstellen sei per Erlass des Landes angeordnet.

Dr. Stephan von Lackum sieht ein Problem in den vorrätigen Impfdosen; sie sind aktuell nicht nachgefragt.
Dr. Stephan von Lackum sieht ein Problem in den vorrätigen Impfdosen; sie sind aktuell nicht nachgefragt. © FUNKE Foto Services | Michael Dahlke

Mülheimer Arzt: Impfstoff noch auf alten Corona-Typ ausgerichtet

Ein Problem sieht der niedergelassene Hausarzt darin, dass die Praxen ebenfalls noch Impfdosen vorrätig haben. „Wir haben immer noch zahlreiche Impfungen vorrätig, denn die Leute sind entweder bereits geimpft oder haben sich zwischenzeitlich infiziert“, sagt von Lackum. Jede Infektion rege das Immunsystem deutlich besser an, als eine Impfung, weil das Immunsystem sich selbst damit auseinandersetzen müsse und dann darauf reagiere.

„Manche Betroffene haben danach eine besser Antikörper-Bildung“, so von Lackum und ergänzt: „Jetzt haben wir aber das nächste Problem. Der Impfstoff, den wir jetzt noch vorrätig haben, ist auf den alten Typ ausgerichtet.“ Im September solle der neue Impfstoff kommen und der werde dringend gebraucht. Die Altbestände würden dann vernichtet und da handele es sich um Stückzahlen im Millionenbereich, so der Kreisstellengeschäftsführer der Kassenärztlichen Vereinigung in Mülheim.

„Die Impftätigkeiten sind insgesamt runtergefahren“

Uwe Brock wünscht sich klare Ansagen zur Impfstrategie von der Politik.
Uwe Brock wünscht sich klare Ansagen zur Impfstrategie von der Politik. © FUNKE Foto Services | Tanja Pickartz

Uwe Brock ist Vorsitzender der Ärztekammer Nordrhein (Kreisstelle Mülheim) und bestätigt die Aussagen seines Kollegen. „Die Impftätigkeiten sind insgesamt runtergefahren. Viele warten auf den neuen Biontech-Impfstoff“, so Brock. Dabei sei noch immer unklar, wer diese neue Impfung überhaupt bekommen werde. „Klar ist: über 70-Jährige und 60-Jährige mit Vorerkrankungen“, so der niedergelassene Facharzt für Innere Medizin.

Uwe Brock hat einen konkreten Wunsch an die politischen Entwicklungen in Sachen Impfung in der nahen Zukunft. „Es wäre gut, wenn vor Oktober klar wird, welcher Gruppe man die auf die Omikron-Variante zugeschnittene Impfung empfiehlt.“ Dabei hofft er vor allem auf eine einfache Lösung und klare Vorgaben. Eine Empfehlung könne sein, dass sich alle, die sich gegen Grippe impfen lassen sollen, auch gegen Corona impfen lassen sollten. Brock wäre es am liebsten, wenn die ständige Impfkommission und die Politik in diesem Punkt mit einer Stimme sprächen. „Hoffen wir auf eine einfache Lösung“, schließt er.