Mülheim. Seit einem Jahr ist der Ruhrinselweg für Fußgänger und Radler gesperrt. Sind die Schäden so groß? Exklusive Bilder verraten den (Still-)Stand.
„Betreten verboten“: Hohe Metallzäune schirmen den Ruhrinselweg zwischen Schleuseninsel und Florabrücke auf beiden Seiten ab. Wie es seit der Flutkatastrophe am 15. Juli 2021 dahinter aussieht? Kaum jemand weiß es. Schwere Schäden kann man nur vermuten. Warum sonst sollte der lauschige Fußgänger- und offizielle Fahrrad-Pfad sonst über einen derart langen Zeitraum unzugänglich sein? Unsere exklusiven Aufnahmen verraten den aktuellen (Still-)Stand.
Eine Folge der Sperrung seit einem Jahr sticht direkt ins Auge: Es sprießt kräftig an allen Ecken. Brombeeren, Sträucher, Gras und Bodendecker holen sich die asphaltierte Schneise entlang der Ruhr zurück. Sitzbänke verschwinden hinter hüfthohen Brennnesseln, Brombeer-Ranken schlängeln sich zwischen den Planken durch, tauchen aus Mülleimern auf.
Am Ende jedoch scheint das nichts zu sein, was ein Team von Grünpflegern auf der rund 800 Meter langen Strecke nicht an einem Tag erledigen könnte.
Fotos zeigen die wahren Schäden auf dem Weg
Schäden hat die Flutkatastrophe vom Juli vergangenen Jahres aber auch am asphaltieren Weg hinterlassen. An einer Kante ist der Asphalt über vielleicht zwei Meter gebrochen und zur Inselseite abgerutscht. Weitaus großflächiger aber ist die Fahrbahndecke an anderer Stelle abgesackt.
Hier ist der Ruhrinselweg über gut fünf Meter offensichtlich so unterspült worden, dass die Fahrbahn um einen geschätzten Meter abgesackt ist. Die betonierte Randbegrenzung zum Wasser ist vielfach gebrochen. Doch sind das Schäden, die mehr als ein Jahr zur Behebung benötigen?
Stop and Go für Fahrradfahrer: Kahlenbergwehr wird im Anschluss gesperrt
Denn in diesem Sommer wird es keine Freigabe des Ruhrinselwegs mehr geben. „Es ist geplant, die Instandsetzungsarbeiten des Ruhrinselweges zwischen dem Kraftwerk Kahlenberg und der Florabrücke kurzfristig auszuschreiben und zu vergeben“, teilt Stadtsprecher Volker Wiebels mit. Die Stadt rechnet mit einer Öffnung des Wegs nicht vor Mitte Oktober.
Und selbst dann wird ein fertiger Ruhrinselweg für Radler wie Fußgänger nur begrenzten Nutzen haben, denn im Anschluss an seine Fertigstellung will die Stadt das überfällige Geländer am Kahlenbergwehr angehen. Dafür muss das Wehr – und somit der weitere Verlauf des Radwegs – für vier Wochen gesperrt werden. Wer also den Ruhrinselweg in Richtung Saarn oder Saarner Ruhrauen nimmt, wird hier gestoppt und muss über die Florabrücke zurück auf die Dohne, um weiterzukommen.
Komplizierte Beziehungen zwischen den beiden Ruhrseiten
Für Radpendler und Fußgänger links und rechts der Ruhr wird es komplizierter, wenn zuvor auch noch die Kassenbergbrücke für zwei Monate dicht gemacht wird. Hier soll der teils durch die Flut beschädigte Eichenholzbelag durch Glasfaserkunststoffplatten (GfK) ersetzt werden. Kostenpunkt: rund 350.000 Euro. Doch den Nutzern bleibt dann nur noch die Querung Schloßbrücke, um schnell von rechts nach links über die Ruhr zu kommen. Oder der weitläufigere Weg über das Wehr. Denn zumindest sichert die Stadt zu, jeweils eine der beiden Flussquerungen offen zu halten.
Manchem Mülheimer fehlt für die lange Sperrung des Ruhrinselwegs allerdings das Verständnis: „Dass hier ein Jahr nichts passiert und auch die Politik nur zuschaut, ist bemerkenswert“, sagt Udo Balzer, der die Strecke rund um die Schleuseninsel seit Jahren gerne nutzt.
Mülheim: Kritik an Prioritäten bei der Sanierung
„Der Aufbau der Fahrbahndecke ist sehr einfach auf verdichtetem Boden errichtet“, stellt er fest. Das könne in nur wenigen Tagen saniert werden. Warum man das kurze und wenig aufwendige Stück nicht als erstes – noch vor der viel komplizierteren Schleuseninsel – ausgebessert habe, leuchtet ihm nicht ein. „Dann hätten die Mülheimer wenigstens diesen Teil nutzen können.“ So aber hätten Radler nur den Kassenberg oder die Dohne als Alternative zum Ruhrinselweg, argumentiert Balzer. Beide Wege aber seien weder gut zu fahren noch zum Teil wegen des Autoverkehrs sicher. „Vielleicht sollte man sich weniger um die Asphaltierung des intakten Fossilienwegs kümmern und dafür mehr um echte Radwegeverbesserungen.“
Ein Lichtblick gibt es immerhin für die Schleuseninsel selbst, die aktuell noch zum Teil gesperrt ist. Die Arbeiten an den Flutschäden sollen Ende Juli 2022 abgeschlossen sein.