Mülheim. Fast 1000 Mitglieder verlor die katholische Kirche in Mülheim in den letzten beiden Jahren. Die Gemeinde St. Michael arbeitet engagiert dagegen.
Fast 1000 Mülheimer Katholiken haben ihrer Kirche in den beiden vergangenen Jahren den Rücken gekehrt. Johanna Reh, Maren Hase, Matthias Hase, Franz Weimann und Alfred Beyer aus der Speldorfer Kirchengemeinde St. Michael erklären im Gespräch mit dieser Redaktion, warum sie sich weiter in ihrer Kirche engagieren und sich wünschen, dass wieder mehr Menschen den Weg in ihre Gemeinde finden.
Die katholische Kirche ist besser als ihr Ruf, der durch Missbrauchsfälle schwer gelitten hat. Davon sind diese engagierten Mülheimer Katholiken überzeugt. „In der Öffentlichkeit wird oft ein Zerrbild der Kirche gezeichnet, dass mit der Kirche vor Ort nichts zu tun hat. Wir sind viel toleranter und aufgeschlossener als viele glauben“, sagt der Vorsitzende des Fördervereins von St. Michael, Franz Weimann.
Mülheimer Gemeinde lud zum Regenbogen-Gottesdienst ein
Um die kirchliche Willkommenskultur auch nach außen zu signalisieren, lud die zur Linksruhr-Pfarrei St. Mariä Himmelfahrt gehörige Gemeinde kürzlich zu einem Gottesdienst ein unter dem Motto: „Eine Gemeinde stellt sich unter den Regenbogen - alle sind willkommen“. Vor rund 150 Gottesdienstbesuchern wurden Menschen vorgestellt, die einen Querschnitt unserer Gesellschaft darstellen.
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„Wir wollen und müssen als Gemeinde deutlich machen, dass wir keine Berührungsängste gegenüber Menschen haben, die nicht zur aktiven Kerngemeinde gehören“, sagt Weimann. Diese Kerngemeinde schätzt er in St. Michael auf gut 300 Personen und wünscht ihr ein neues Wachstum.
Beim Sonntagstreff sind auch Nicht-Katholiken ausdrücklich willkommen
Der im inklusiven Behinderten- und Rehabilitationssport engagierte Speldorfer Alfred Beyer lobt vor allem den Sonntagstreff, zu dem die Gemeinde nach ihren Zehn-Uhr-Gottesdiensten ins Gemeindezentrum an der Schumannstraße 17 einlädt. „Hier passiert unheimlich viel“, sagt Beyer über den Treff, beim dem auch Nicht-Katholiken ausdrücklich willkommen sind.
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„Zwei unserer Gruppenleiter leben offen homosexuell. Das ist gar kein Thema. Und wenn ein Obdachloser beim Sonntagstreff vorbeischaut, bekommt er selbstverständlich eine Gratis-Waffel“, berichtet Johanna Reh, Leiterin der Pfadfinder. Mit Matthias und Maren Hase ist sie sich einig, „dass die katholische Kirche für die unterschiedlichen Lebensstile der Menschen offen sein muss, wenn sie diese nicht verlieren will“.
Ob beim klassischen Sonntagsgottesdienst um 10 Uhr, bei den frühmorgendlichen Gottesdiensten (6 Uhr) in der Fasten- und in der Adventszeit, beim Waldgottesdienst oder beim Familien-Überraschungsgottesdienst am Freitag - die Michaelianer haben keine Angst davor, die christliche Liturgie mit kreativen und geselligen Formen einladender zu gestalten. Die engagierten Speldorfer sind sich einig, „dass Laien im Gemeindealltag immer mehr Verantwortung übernehmen müssen, weil die priesterliche Hierarchie allein gar nicht mehr in der Lage ist, das Gemeindeleben aufrechtzuerhalten“.