Mülheim. Die Lage in Mülheims Gastronomie ist seit dem Ausbruch der Pandemie ohnehin schon angespannt. Die 2G-plus-Regel sorgt für weiteren Gästeschwund.
Die Gastronomie ist von der Corona-Pandemie ohnehin schon mit am stärksten betroffen. Nun sorgt die 2G-plus-Regel, die seit dem 13. Januar gilt, unter den Mülheimer Gastwirten für eine neuerliche Belastung.
„Mal wieder was Neues“, schreibt das Team der Gaststätte Dümptener Tor auf seiner Facebook-Seite, versehen mit einem Emoji mit hochroterzürntem Kopf. Dies zeigt die Stimmung in der Branche, seit Doppeltgeimpfte und Genesene nur noch mit einem tagesaktuellen negativen Test die Restaurants, Kneipen, Bars und Cafés besuchen dürfen.
Veranstaltungen finden maximal im kleinen Rahmen statt
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„Der Umsatzeinbruch ist noch einmal verschärft worden“, sagt Jörg Thon, Mülheims Vorsitzender des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbandes (Dehoga). Er und seine Kolleginnen und Kollegen zählen noch einmal deutlich weniger Gäste als vorher. „Wirtschaftlich zu arbeiten, ist in diesen Tagen kaum machbar“, lautet seine traurige Erkenntnis.
Vor allem der Bereich der Veranstaltungen ist besonders betroffen. „Unser Saal im Bürgergarten ist im Moment nur ganz dünn belegt“, berichtet Thon. Zusammenkünfte fänden aktuell nur im kleinen Rahmen statt – wenn sie nicht gar ganz abgesagt werden. „Es kommt vor, dass Teilnehmerzahlen um die Hälfte reduziert oder Feiern sogar ganz abgesagt werden“, sagt auch Falk Sassenhof, Inhaber des gleichnamigen Landhauses und Hotels in Speldorf. Selbst eine Diamantene Hochzeit sei bei ihm zuletzt nur in trauter Runde begangen worden. „Und das bei so einem besonderen Ereignis, das ist einfach traurig“, findet der Gastronom.
Speldorfer Gastronom: „Höhere Zahlen schüren Angst beim Verbraucher“
Das sorgt für neuen Ärger, zumal der Januar in der Gastronomie nach den Feiertagen ohnehin immer ein schwieriger Monat ist. Die Corona-Pandemie habe die Zahlen noch einmal um gut und gerne ein Drittel reduziert, rechnet Sassenhof vor.
Er hat den Eindruck, dass der Rückgang nicht nur an denen liegt, die eine Impfung oder eine zusätzliche Testung strikt ablehnen, sondern auch daran, dass viele Menschen ob der aktuellen Situation besonders vorsichtig sind. „Durch die höheren Zahlen und die medialen Berichte ist beim Verbraucher noch einmal eine höhere Angst geschürt worden“, glaubt Sassenhof. Unter diesem gesellschaftlichen Problem hätten er und seine Mitstreiterinnen und Mitstreiter zu leiden.
Firmen bleiben weg: Mittagstisch in Mülheimer Betrieb bricht völlig ein
Branche verliert fast ein Viertel ihres Personals
Nicht nur mit ausbleibenden Gästen hat die Gastronomie zu kämpfen, auch das Personal ist weniger geworden. Wie das statistische Bundesamt errechnet hat, ist die Zahl der Beschäftigten zwischen Januar und Oktober 2021 um 11,6 Prozent im Vergleich zum selben Zeitraum des Vorjahres zurückgegangen.
Wird das Vor-Corona-Jahr 2019 zurate gezogen, beträgt der Rückgang sogar 23,4 Prozent. Der Tiefstand wurde im Februar 2021 erreicht. Vor allem Ausschankbetriebe wie Kneipen und Bars büßten fast ein Viertel ihres Personals ein.
„Wir haben an dieser Befragung auch teilgenommen und können den Eindruck vollumfänglich bestätigen“, sagt der Mülheimer Dehoga-Vorsitzende Jörg Thon: „Es ist schwierig, Personal zu finden, weil viele mittlerweile in andere Branchen abgewandert sind.“
Bei Kerstin Mölleken und ihrem „Alten Zollhaus“ in Speldorf ist in erster Linie der Mittagstisch eingebrochen. „Viele Firmen bleiben im Moment weg“, musste die Gastronomin feststellen. Auch die spontanen Essensgäste sind spürbar weniger geworden.
Und nicht nur die ausbleibenden Gäste zehren an den Nerven. „Es ist mühsam, es den Leuten immer wieder zu erklären“, sagt Jörg Thon. Nach wie vor gebe es Diskussionen mit Menschen, die sich nicht an die Maßnahmen halten wollen. „Letzte Tage gab es bei uns eine Sitzung, bei der sich die Gäste nicht an die 2G-plus-Regel halten wollten, weil die in ihren Augen bei solchen Meetings nicht gilt. Aber sie befanden sich ja immer noch in der Gastronomie“, berichtet Thon.
Mülheimer Gastronomin: „Manchen Gästen ist das alles einfach zu viel“
„An manchen Tagen ist es nicht einfach, weil wir auf Gäste stoßen, denen alles zu viel ist“, sagt Kerstin Mölleken, doch sie bleibt selbst bei jahrelangen Stammgästen streng. „Ich habe ja eine Verantwortung zu tragen“, betont sie. Die Speldorfer Gastronomin versucht, insgesamt aber pragmatisch zu bleiben: „Immerhin dürfen wir arbeiten. Besser, wir haben geöffnet mit all den Regeln, als ein Lockdown.“