Mülheim. Die jährliche Vogelzählung in Mülheim gibt Aufschluss über Veränderungen in den Populationen. Aktuell sind vor allem die Reiher bedroht.
Der Jahreswechsel ist ein beliebter Zeitpunkt zur Veröffentlichung von Statistiken, um das abgelaufene Jahr mit der Vergangenheit zu vergleichen. Auch für Naturfreunde sind die ersten Januartage von Bedeutung, denn seit 2011 führt der Naturschutzbund Deutschland – bekannter unter der Kurzform „Nabu“ – alljährlich eine Wintervogelzählung durch.
Monika und Jürgen Pern sind auf der Brücke am Kahlenbergwehr schon von weitem zu erkennen. Beide tragen blaue Jacken – eine Warnfarbe in der Natur –, haben Ferngläser dabei, er ist zudem mit einer Kamera samt großem Objektiv ausgestattet. Gemeinsam mit Tochter Alexandra (14) machen sie sich in den Ruhrauen auf die Suche nach den heimischen Vögeln.
Deutschlandweit nahmen 2021 über 230.000 Menschen an der Vogelzählung teil
„Es geht bei der Aktion vor allem um die Vögel in Parks und Gärten“, berichtet Monika Pern (55). Die gebürtige Gelsenkirchenerin ist im Schwarzwald in der Nähe eines Bauernhofs aufgewachsen und hätte immer schon einen Bezug zu Tieren. „Früher hatte ich eine Wellensittich-Zucht und wir haben schon jede Menge Jungvögel wieder aufgepäppelt“, erzählt sie.
Ihr Mann wuchs im Hexbachtal „weit ab vom Schuss“ auf. „Das setzt sich dann fest, ich habe die Natur immer schon gemocht“, so der 51-Jährige. Er berichtet, dass das sogenannte „Birding“ in Großbritannien mittlerweile eine Art Volkssport sei. Auch in Deutschland haben im vergangenen Jahr über 230.000 Menschen an der Wintervogelzählung teilgenommen, 359 davon in Mülheim.
Kohlmeise führt das Ranking der Vögel in Mülheim an
Jeder und jede könne mitmachen. Über ein Online-Formular und eine App können die Ergebnisse noch bis zum 17. Januar an den Nabu gemeldet werden. „Es empfiehlt sich aber, vorher mal zum Vergleich in ein Buch zu schauen“, rät Monika Pern. Zu oft würden Krähen mit Raben oder gar Reiher mit Störchen verwechselt.
„Die Aktion soll die Menschen einfach sensibilisieren, rauszugehen und die Arten vor ihrer Haustür kennenzulernen“, sagt ihr Mann. Den Expertinnen und Experten geben die Statistiken außerdem Aufschluss über verschiedene Entwicklungen. Im vergangenen Jahr zum Beispiel war die Blaumeise stark abgefallen. Laut der aktuellen Zählung liegt sie in diesem Jahr wieder auf Platz zwei hinter der Kohlmeise.
Neue Arten wie der Seidensänger tauchen bei der Zählung auf
Es tauchen aber auch neue Arten auf wie der Seidensänger, der seine Heimat eigentlich in deutlich mediterraneren Gegenden hat. Auch die Population des Zaunkönigs erholt sich wieder, weil in den deutlich milderen Wintern nicht mehr so viele Tiere des reinen Insektenfressers aussterben. Dafür sinkt die Zahl der Reiher, weil diese zunehmend von Waschbären angegriffen werden. „Und der hat hier keine natürlichen Feinde“, erläutert Jürgen Pern. Naturschützer haben einige Bäume bereits mit Rutschmanschetten versehen, um die Waschbären vom Hochklettern abzuhalten.
Auch in den heimischen Gärten können Maßnahmen ergriffen werden, um die hiesigen Vogelarten zu unterstützen. „Ich würde die Pflanzen nicht schon im Herbst zurückschneiden, weil dort oft noch wichtige Samen drin sind“, rät Monika Pern. Auch die ein oder andere unaufgeräumte Ecke könne für Insekten wichtig sein. Futterstellen sollten in jedem Fall sauber gehalten werden und es sollte immer ein wenig Wasser bereitgestellt werden. „Das ist gerade demnächst im Februar wichtig, weil das der trockenste Monat im Jahr ist“, weiß Monika Pern.
Für den Nabu bleibt es nicht die letzte Zählung in diesem Jahr, im Mai beginnt die Stunde der Gartenvögel. Familie Pern wird dann wieder rund um die Ruhr unterwegs sein. Mit Fernglas und Kamera.