Mülheim. Mülheim impft wie ein Weltmeister gegen Covid-19. Doch die von der Stadt veröffentlichten Daten halten nicht immer das, was sie versprechen.
Erst am Montag verkündete Mülheims Krisenstabsleiter, Stadtdirektor Frank Steinfort, stolz neueste Zahlen zur Booster-Impfung in Mülheim: Nicht nur sei in städtischen Impfstellen schon fast 50.000 Mal der dritte Pieks gesetzt worden, sondern auch 34.000 zusätzliche Male in Mülheimer Arztpraxen. Doch die nackten Zahlen sagen dann doch nichts aus zur Impfbereitschaft der Mülheimerinnen und Mülheimer auf dem Weg zu einer erhofften Herdenimmunität.
Die Stadt selbst wies etwa am Dienstag auf ihrem Corona-Dashboard 49.468 Booster-Impfungen und eine entsprechende Booster-Quote von 29 Prozent aus. Nach der Aussage vom Montag, dass gemäß Angaben der Kassenärztlichen Vereinigung rund 34.000 Booster-Impfungen in den Mülheimer Arztpraxen hinzuzuzählen seien, käme Mülheim bei den Booster-Impfungen bereits auf eine Quote von 48,9 Prozent – hieße: Fast jeder zweite Bürger wäre geboostert.
Stadt Mülheim beobachtet Impf-Tourismus aus der Nachbarschaft
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Doch die Stadtverwaltung muss da einschränken: Die Zahlen bezögen sich lediglich auf die Zahl der Impfungen in städtischen Impfstellen und Mülheimer Arztpraxen, so Stadtsprecher Volker Wiebels. Was dabei aber nicht erhoben werde, sei die Herkunft der Impflinge. Schon länger beobachtet die Stadt, die nach der vom Land verordneten Schließung der Impfzentren früher als andere Städte im Umkreis wieder eine städtische Impfstelle eingerichtet hatte, eine Art Impf-Tourismus, sprich: Weil das Impf-Angebot in Mülheim so gut wie unkompliziert war und ist, kommen viele Auswärtige in die Stadt, um sich impfen zu lassen.
„Wir gehen etwa für die Impfstelle im Rhein-Ruhr-Zentrum davon aus, dass gefühlt zwei Drittel der Menschen, die sich dort impfen lassen, aus Essen kommen“, sagt Wiebels. Auch die Impfstelle an der Mintarder Straße in Saarn ziehe immer noch Bürger aus anderen Städten an.
„Wir impfen viel, aber wissen nicht, wie viele Mülheimer darunter sind“
So haben die von der Stadtverwaltung im Netz veröffentlichten Impfquoten nicht die Aussagekraft, die sie auf den ersten Blick versprechen. Eine rein Mülheimer Impfquote könne nicht ausgewiesen werden, so Wiebels. „Wir impfen viel, aber wissen nicht, wie viele Mülheimer darunter sind.“
Die Mülheimer Statistikseite zur Corona-Pandemie, das sogenannte Dashboard, hat auch an anderer Stelle Schwächen. Die Stadt hatte ihr Dashboard in der Vorwoche ein weiteres Mal umgestellt. Seither weist es nicht mehr nur die Sieben-Tage-Inzidenz getrennt nach Ungeimpften und Geimpften sowie die Sieben-Tage-Inzidenz für die Stadtbezirke aus, sondern auch wieder die Gesamt-Inzidenz.
Auch die in Mülheim ausgewiesenen Inzidenz-Zahlen sind nicht ohne Weiteres zu verstehen
Nicht wenige Leser jener Seite dürfte verblüfft haben, dass in der Vorwoche mal eine Gesamt-Inzidenz von 224,1 ausgewiesen worden war, aber zeitgleich sämtliche Inzidenz-Werte für die Stadtbezirke niedriger als jene 224,1 lagen. Rein mathematisch unmöglich.
Auch hier musste erst eine Erläuterung der Verwaltung her, um Aufklärung zu schaffen: Ausgewiesen würden jeweils die städtisch errechneten, aktuellen Inzidenz-Werte für Geimpfte und Ungeimpfte, auch für die Stadtbezirke. Für die Ausweisung der Sieben-Tage-Inzidenz für das gesamte Stadtgebiet aber greife man auf die offiziellen, weniger aktuellen Zahlen des Robert-Koch-Institutes zurück – weil diese maßgeblich seien für mögliche Regelverschärfungen laut aktueller Coronaschutzverordnung, so Stadtsprecherin Jasmin Kramer zur Erklärung des Zahlensalats, mit dem informationshungrige Bürger konfrontiert sind.