Mülheim. Mülheims städtische Friedhöfe sind im erbärmlichen Pflegezustand. Die Stadt hat der Firma jetzt den Auftrag entzogen. Was jetzt werden soll.
Der Ärger vieler Hinterbliebener über verwucherte städtische Friedhöfe hält zum hohen Feiertag Allerheiligen an. Die Stadtverwaltung hat derweil die Reißleine gezogen: Sie hat der Firma, die mit der Pflege der zehn Friedhöfe betraut war, den Vertrag gekündigt.
Auch an Allerheiligen (Montag) müssten Besucher auf Mülheims Friedhöfen leider ungepflegte Flächen erdulden, hatte die Friedhofsverwaltung dieser Tage von sich aus noch einmal ihr Bedauern ausgedrückt über die Zustände auf den städtischen Friedhöfen, die reichlich verwahrlost daherkommen: Unkraut hat sich über längere Zeit ungehindert ausgebreitet, Hecken sind nicht gepflegt, der Rasen auf Freiflächen zwischen den Gräbern ist derart wild gewuchert, dass man annehmen könnte, die Stadt wolle die Friedhöfe der Natur überlassen.
Millionenschwerer Pflege-Auftrag galt für die Jahre 2020 bis 2024
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Dem ist (natürlich) nicht so. Bürger zahlen unter anderem Friedhofsgebühren, damit die Flächen rings um die Gräber ihrer Verstorbenen gepflegt werden. Nun hat die Stadt schon länger als ein Jahrzehnt die Friedhofspflege fremdvergeben und hält keine eigenen Mitarbeiter mehr dafür bereit.
Die umfangreichen Arbeiten auf sämtlichen zehn städtischen Friedhöfen waren seit vergangenem Jahr an eine einzige Firma vergeben. Unter Wahrung des Geschäftsgeheimnisses macht die Stadtverwaltung insofern nur ungenaue Angaben zu dem Auftragsvolumen, als dass Sprecher Volker Wiebels es auf einen siebenstelligen, also Millionenbetrag, taxiert, zu dem die Firma für die Jahre 2020 bis 2024 beauftragt worden sei.
Firma hatte in einer Ausschreibung das preisgünstigste Angebot abgegeben
Die Friedhofsverwaltung hat offenbar lange zugewartet und auf Besserung bei der Pflege durch die Fremdfirma gehofft, bevor sie jetzt den Vier-Jahres-Vertrag wegen ausbleibender Leistungen aufgekündigt und im September ein letztes Mal für geleistete Arbeiten Geld überwiesen hat.
„Bis Anfang 2021 war alles zufriedenstellend“, sagt Stadtsprecher Volker Wiebels auf Nachfrage dieser Redaktion. Nach einer Ausschreibung habe man der Firma für die Zeit ab 2020 den Zuschlag erteilt. Gar erteilen müssen, weil sie das preisgünstigste Angebot abgegeben habe. Gleichzeitig habe die Verwaltung seinerzeit aber auch abgeprüft, ob die Firma von ihrer Personalstärke und Ausstattung in der Lage sein würde, die umfangreichen Arbeiten mit Hecken- und Rasenschnitt auch zu bewerkstelligen, versichert Wiebels.
Mängel gab es offenbar schon das ganze Jahr über auf Mülheims Friedhöfen
Nun hat sich herausgestellt, dass diese Absicherung nicht lange Bestand hatte. Mängel gab es offenbar schon das ganze Jahr über. Nun stellt der Stadtsprecher auf Nachfrage fest, dass die Firma überhaupt das letzte Mal im August intensiv auf den Friedhöfen tätig geworden sei, „aber mangelhaft“. In der Folge habe der Betrieb „nur noch sporadisch“ seine Leistungen erbracht, aber auch nicht zufriedenstellend. Diese letzten Arbeiten habe die Stadt noch im September den Mängeln entsprechend bezahlt, seither seien die Gelder eingefroren.
Die Firma soll laut Wiebels ihre schlechten beziehungsweise Nicht-Leistungen mit Personalproblemen insbesondere auch wegen Corona, aber auch mit Lieferengpässen bei Maschinen und Geräten begründet haben.
Stadt Mülheim muss kurzfristig für zehn Friedhöfe neue Pflege organisieren
Wie es nun konkret weitergeht, konnte Stadtsprecher Wiebels am Freitag noch nicht abschließend sagen. „Wir werden jetzt versuchen, Ersatz zu beschaffen“, sagte er und gab der Erwartung der Verwaltung Ausdruck, dass wohl damit zu rechnen sei, dass man den Auftrag wegen der Preissteigerungen am Markt nicht wieder so preisgünstig wie zum Vorjahr werde vergeben können. Ob eine neue Ausschreibung schon auf den Weg gebracht worden ist, ob sie womöglich wegen der akuten Notlage rechtlich gar nicht erforderlich ist und die Stadt einfach eine oder mehrere Firmen mit der Friedhofspflege betrauen kann, blieb zunächst offen.
Klar ist aber, dass sich die Mangelsituation eins zu eins bei den Friedhofsgebühren, die die Bürger zahlen, widerspiegeln muss. Hier dürfen nur tatsächlich angefallene Kosten Berücksichtigung finden, ein Gebührenhaushalt darf keinen Überschuss erwirtschaften. So wird sich der ungepflegte Zustand der Mülheimer Friedhöfe womöglich positiv auf die nächste Gebührenkalkulation auswirken – freilich aber nur, falls die Stadt nicht über die Maßen für den neuen Pflegeauftrag in die Kasse greifen muss. Die Preisentwicklung am Markt spricht eher für Letzteres.