Mülheim. Die ehemaligen Mülheimer Franziska und Fabian sind nach sechs Monaten im Sattel über 6000 Kilometer durch Europa geradelt. Nächstes Ziel: Afrika.
Sie haben geschwitzt, gefroren und sich abgestrampelt: Franziska Kinscheck und Fabian Harting sind nun seit über sechs Monaten mit ihren Rädern unterwegs. Die ehemaligen Mülheimer tauschten Alltag gegen Abenteuer, gaben ihre Jobs, die Wohnung und ihren Besitz auf, um reisen zu können. Wie weit sind die Beiden seit dem letzten Bericht im Juli gekommen?
„Aktuell sind wir kurz vor Nazaré in Portugal“, berichtet Franziska am Telefon. Beliebt ist der Ort an der Atlantikküste bei Surfern wegen seiner Monsterwellen. „Hier gibt es viele offene Zugänge zum Strand mit Duschen, überall kann man sein Zelt aufschlagen“, erzählt Fabian. „Und die Aussichten auf den Atlantik sind großartig.“ Von dort aus soll es nun in den nächsten Tagen weiter südlich bis nach Faro gehen. „Dort wohnt mein Onkel, bei dem wir zunächst einkehren wollen, um uns auf die Weiterreise nach Marokko vorzubereiten.“
Vor der Einreise die Corona-Lage in Marokko prüfen
Reiseberichte in Sozialen Medien
Unter dem Hashtag #quitandgo lässt sich die Reise der beiden Weltumradler auf Instagram und Facebook verfolgen. Über das Internet-Portal „Polarsteps“ ist zudem ihre genaue Reiseroute mit entsprechenden Bildern und Informationen über Kilometer und Unterkunft einsehbar: polarsteps.com.Ausführliche Reiseberichte und Videos stellen Franziska und Fabian, die bis April 2021 in Mülheim gewohnt haben, regelmäßig auf ihren Youtube-Kanal: youtube.com/c/QuitandGo.
Denn dort wird das Radreisen sicher anders als in Europa – steiniger, rauer, gefährlicher. „Bisher haben wir bis auf einen platten Reifen noch nichts an unseren Rädern ausgetauscht. Daher wollen wir möglichst viele Ersatzteile mitnehmen.“ Auch die aktuelle Corona-Lage in Marokko wollen sie vor der Einreise genau prüfen, um keine Risiken einzugehen. Auch wenn es beschwerlicher werden könnte – sie freuen sich auf die Herausforderung.
Hinter ihnen liegen bereits 6300 Kilometer Strecke, die mal eben, oft steil und beschwerlich waren. Nachdem sie Belgien passiert hatten, fuhren sie zwei Monate lang die Westküste Frankreichs entlang, wo sie für Highlights wie Le Mont-Saint-Michel hielten. „Frankreich ist ein tolles Radfahrland mit vielen herzlichen und interessierten Menschen“, erinnern sich die Beiden.
Erste Härteprobe für die Mülheimer: Der Pyrenäen-Pass mit über 1000 Höhenmetern
Einen Rückschlag gab es auf dem Weg Richtung Nantes: Fabian plagten schon seit Tschechien schlimme Rückenschmerzen. „Wir dachten erst, es wäre der Ischias, nach einer Computertomographie stellte sich aber heraus, dass es ein kleiner Bandscheibenvorfall im Lendenwirbel ist“, berichtet das Paar. „Da haben wir schon überlegt, ob wir abbrechen und nach Hause fahren sollen.“ Doch sie entschieden sich fürs Weiterradeln. „Zu Hause hätte ich auch nur auf Bürostühlen gesessen. Die Muskelaufbau-Übungen kann ich auch unterwegs machen“, sagt Fabian.
Also ging es - bei Schmerzen in gemäßigtem Tempo - weiter über die erste große Härteprobe: „Den Pyrenäen-Pass mit 1000 Höhenmetern.“ Zuvor hatten sie von einem (sportlichen) Freund gehört, dass er auf dieser beschwerlichen Etappe sein Rad vier Stunden schieben musste. „Da hatten wir ziemlichen Respekt vor.“ Und siehe da: „Wir mussten nicht einmal schieben und sind echt stolz auf uns.“ Die vielen Stunden auf dem Rad machen sich bemerkbar: Schafften sie anfangs etwa 40 Kilometer am Tag, sind es nun bis zu 70. Inzwischen habe jeder von ihnen rund 15 Kilo abgenommen.
Nächtliche Begegnung mit tierischen Gästen
Oben auf dem Pass gab es dann eine nächtliche Begegnung mit ungebetenen Gästen: „Nachts hörten wir im Zelt plötzlich ein Scheppern.“ Als sie den Reißverschluss einen Spalt öffneten, blickten ihnen drei Augenpaare entgegen. „Drei freche Füchse schleckten unsere Töpfe aus.“ Zum Glück ließ sich ein verschleppter Topf am nächsten Morgen wiederfinden. Und so ging es weiter parallel zu Pilgerwegen auf dem Eurovelo 3 bis nach Santiago de Compostela. „Dort haben wir in Pilgerherbergen geschlafen.“
Sieben Länder haben sie nun in sechs Monaten durchquert und jedes Mal sei die Vorfreude auf die nächste Grenze „enorm“. „Wenn ich daran denke, dass unsere Reise irgendwann endet, stimmt mich das jetzt schon traurig“, gibt Franziska zu. Dieses Jahr werden sie Weihnachten wohl zum ersten Mal alleine feiern. „Klar vermissen wir unsere Familien, doch es warten noch so viele Abenteuer.“