Mülheim. Marlon Morsby stammt aus Jamaika und macht Reggae-Musik. Der Familienvater ist aber auch als Albino-Model tätig und hat für große Firmen posiert.

Marlon Morsby experimentiert mit seinen Haaren immer wieder mal. Manchmal ist er mit einem Afro-Look unterwegs, dann wieder macht er sich einen Zopf am Hinterkopf. Beim Treffen mit unserer Zeitung trägt er Braeds. Die vielen kleinen geflochtenen Zöpfchen hat er sich für einen Video-Dreh bei Frankfurt machen lassen. „Zwei Stunden saß ich dafür beim Friseur“, sagt er lachend.

Der Mann mit den vielen braunen Punkten im Gesicht

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Der 32-jährige Jamaikaner lebt seit drei Jahren in Mülheim, er macht Reggae-Musik und steht als ganz besonders Model immer mal wieder vor der Kamera. Der Mann mit den grünen Augen, dem gelben Haar, den hellen Wimpern, der weißen Haut und den vielen braunen Punkten im Gesicht ist ein Mensch mit Albinismus. Das heißt, er wurde mit einer genetisch bedingten Stoffwechselstörung geboren, sein Körper kann nur wenig oder gar kein Melanin produzieren, den natürlichen Farbstoff der Haut.

„In Jamaika habe ich dauernd Sonnenbrände gehabt, meine Haut verträgt die Sonne nicht“, erzählt Marlon. Dennoch: Gerne aus seiner Heimat weggegangen ist er nicht. Aber seiner deutschen Frau (einer Musical-Darstellerin) und seinem Sohn (3) zuliebe zog er her. Er erklärt: „Ich bin ohne Vater aufgewachsen, der war einfach weg. Deshalb habe ich mir geschworen, dass ich immer bei meinen Kinder sein werde.“ In Deutschland musste er „ganz von vorne anfangen“, sich an ein völlig anderes Leben gewöhnen. „In Jamaica lebt man draußen, wir haben auf der Straße gesessen und gequatscht, Musik gemacht, es war immer laut. Hier ist es so ruhig – und das Wetter war anfangs schlimm für mich. Zu kalt und zu trocken“, erinnert er sich.

Mit seiner gefühlvollen Musik erwärmt er die Herzen der Fans

Mit seiner gefühlvollen Musik bringt er Wärme in die Herzen seiner Fans. Er ist auf verschiedenen Reggae-Festival aufgetreten, hat als Sänger mit mehreren Bands musiziert, kann auf Fans in über 50 Ländern setzen. Aber er widmet sich auch einer anderen Aufgabe: „Meine Freundin schlug mir vor, es als Model zu versuchen“, erzählt er. Er meldete sich bei verschiedenen Agenturen an und wurde auch gleich gebucht – für Fotoshootings und Musik-Videos. „Mein besonderer Look hat die Auftraggeber wohl angesprochen. Im Moment ist in der Werbung Diversity gefragt – da passe ich eben ganz gut“, sagt Marlon.

Marlon Morsby aus Mülheim kam vor drei Jahren von Jamaika nach Deutschland. Er ist Reggae-Musiker und arbeitet als Model in der Werbung.
Marlon Morsby aus Mülheim kam vor drei Jahren von Jamaika nach Deutschland. Er ist Reggae-Musiker und arbeitet als Model in der Werbung. © FUNKE Foto Services | Stefan Arend

Er ist in Videos mit dem Rapper Bosa oder dem DJ-Duo Anstandslos & Durchgeknallt zu sehen, hat Werbung für Cigarillos oder auch Herrenanzüge gemacht. „Ich mag Fashion“, sagt der Jamaikaner. Gelernt hat er das Modeln nicht, er habe sich das Posen aber im Nu angeeignet. Richtig große Aufträge folgten: VW buchte Marlon Morsby für ein Werbe-Video, das auch im Fernsehen zu sehen war. „Die haben mich auf den Webseiten der Agenturen gesehen und ausgesucht“, berichtet er, selber noch ein wenig perplex. Auch Adidas engagierte ihn für ein Werbe-Video, wofür genau, darf aber noch nicht verraten werden.

10.000-Euro-Job bekam er leider nicht

Etwa zwölf Model-Aufträge ergattert der Heißener im Jahr, die ganz unterschiedlich bezahlt werden. 3000 bis 4000 Euro sind oft drin, einen 10.000 Euro-Job hätte Marlon kürzlich sehr gerne bekommen. Er stellte sich bei einem E-Casting bei Samsung vor. „Ich war denen aber zu extrem“, sagt er schulterzuckend. Um ein festes Einkommen neben dem Künstlerleben zu haben, jobbt er als Produktionshelfer bei einem Hersteller von Salben und Cremes.

Weg vom klassischen Model

Durch die Geschlechterdiskurse und die Diskussion um LGBTQ hat sich auch das Schönheitsideal in der Werbung verändert, zumindest setzt man dort auch Diversity. Es gibt Model-Agenturen, die nicht die klassischen Models vertreten, sondern besondere Gesichter beispielsweise von Models mit Behinderung, People Of Colour, Tattoo-Models, Models mit Kurven, Androgyne Wesen, hippe Alte, usw.

Mit seinem ungewöhnlichen Aussehen hat Marlon nie gehadert. „Für mich war das nie ein Problem, aber für andere schon“, sagt er. Er sei es gewohnt, dass in der Öffentlichkeit alle nach ihm schauten. „Manche gucken mich sogar an, als ob ich ein Geist wäre.“ Aber er sei ein starker Mensch, habe sich davon nie runterziehen lassen. „Es gibt in meiner Heimat Leute mit Albinismus, die sich schämen und verkriechen. Das habe ich nie gemacht“, so der junge Familienvater.

Als Sänger nennt Marlon Morsby sich Dotta Coppa

Eine Mutter und sechs Geschwister hat er, die in Jamaika oder den USA leben. Ein Besuch war wegen der Pandemie in letzter Zeit nicht möglich, ist aber für 2022 geplant. Mit seiner Musik war Marlon in Deutschland übrigens schon ein wenig bekannt, bevor er herkam. „Deutsche Fans haben mich über Social Media angeschrieben“, berichtet er. Als Sänger nennt er sich „Dotta Coppa“, das Dotta steht für die vielen Punkte in seinem Gesicht – sie sind sein Markenzeichen beim Singen und beim Modeln.