Mülheim. Mülheimer Betriebsärzte brauchen das Impfzentrum nicht. Dort werden Montags-Termine frei. Krankenscheine am Tag nach dem Piks sind nicht selten.

Seit einem Monat dürfen auch Betriebsärzte die Beschäftigten impfen. Die Stadt Mülheim hatte hierfür extra Kapazitäten in ihrem Impfzentrum zur Verfügung gestellt: Montagstermine. Den Impfstoff mussten die Arbeitsmediziner selber organisieren. Doch mangels Interesse wird dieses Angebot jetzt wieder zurückgenommen.

Geringe Nachfrage der Betriebsärzte im Mülheimer Impfzentrum

Zwei Betriebsimpfungen hat es nach Auskunft der Stadt im Zentrum auf dem früheren Tengelmann-Areal gegeben: am 28. Juni und am 5. Juli. Eine dritte ist am 12. Juli geplant, dann endet die Aktion auch schon wieder. „Aufgrund der geringen Nachfrage“ seien die Montags-Zeitfenster ab 19. Juli an das Buchungssystem der KV gegeben worden. „Dort stehen seit dieser Woche ausreichend Impftermine zur Verfügung“, erläutert die Stadt, „so dass keine Sondertermine für Betriebsimpfungen mehr erforderlich sind.“

Allein die Hochschule Ruhr West (mit 61 Personen) und die Agentur für Arbeit (für 44 Beschäftigte) hatten Termine im städtischen Impfzentrum gebucht. Deutlich stärker ist die Mülheimer Stadtverwaltung vertreten, die rund 270 Mitarbeiter dort impfen lässt.

Bei Siemens wird schon die zweite Impfwelle organisiert

Das größte Mülheimer Unternehmen, Siemens Energy mit rund 4500 Beschäftigten, hat für die Betriebsimpfungen genügend Kapazitäten und sogar eine eigene Impfstraße eingerichtet. Rund 300 Mitarbeiter hätten sich bislang von den Arbeitsmedizinern impfen lassen, berichtet der Betriebsratsvorsitzende Jens Rotthäuser. „Alles ist gut und solide abgelaufen. Momentan wird schon die zweite Impfwelle organisiert.“

Zahl der Krankmeldungen nach Impfung unbekannt

Für die Betriebsimpfungen der Stadtverwaltung Mülheim hatten sich ursprünglich rund 600 Mitarbeiter gemeldet. Mehr als die Hälfte bekam anderweitig ein Impfangebot und meldete sich wieder ab.Krankheitsbedingte Ausfälle aufgrund der Corona-Impfung hat die Stadt Mülheim nicht erfasst - „zumal Krankmeldungen auch grundsätzlich ohne Angabe von Gründen erfolgen“, heißt es.

Eine Welle von Krankmeldungen als Nebenwirkung der Impfung ist dem Betriebsratschef nicht aufgefallen. „Ich wüsste auch nicht, dass es erhoben würde. Natürlich, einige reagieren stärker auf den Impfstoff und melden sich vielleicht für den folgenden Tag krank.“ Doch längere, signifikante Ausfälle habe es nicht gegeben.

Siemens hat offenbar auch vorgebeugt, damit nicht ganze Bereiche geschwächt werden. „Es wurde schon darauf geachtet, dass eine Zehn-Mann-Abteilung nicht am selben Tag geimpft wird und schlimmstenfalls gemeinsam ausfällt“, so Jens Rotthäuser.

Firma wünschte sich Freitagstermine, damit die Mitarbeiter nicht krank feiern

Viele Firmen ohne eigene Betriebsärzte kaufen diese Dienstleistungen ein. Etwa beim Zentrum für Arbeit und Gesundheit (ZAG) an der Zinkhüttenstraße, dessen Team Corona-Schutzimpfungen in mehr als 20 Mülheimer Betrieben durchführt. Eine Firma habe ausdrücklich den Wunsch geäußert, die Impfungen an einem Freitag durchzuführen, berichtet Dr. Bettina Beckmann, Arbeitsmedizinerin am ZAG. Offenbar eine kühle Kalkulation: So können die Mitarbeiter impfbedingte Kopf- und Gliederschmerzen am Wochenende auskurieren und fallen nicht aus. „Es war aber kein Unternehmen aus Mülheim“, erklärt die Betriebsärztin. Es lief auch ins Leere: Termine bieten sie und ihr Kollege ohnehin nur mittwochs und donnerstags an.

Auch bei der Sparkasse Mülheim impft kein hauseigener Betriebsarzt, sondern das Geldinstitut arbeitet hier mit dem ASD Rhein Ruhr in Duisburg zusammen. Rund 65 der insgesamt etwa 450 Angestellten hätten sich dafür gemeldet, erklärt Sparkassen-Sprecher Frank Hötzel. Wird ihnen der Freitag ans Herz gelegt, damit sie sich am Wochenende erholen können? Auf die Terminvergabe habe der Arbeitgeber keinen Einfluss, „die Mitarbeiter buchen ihre Termine selber über ein Online-Portal“.

Sparkassen-Sprecher: Vor allem der Tag nach der zweiten Impfung problematisch

Das Risiko impfbedingter Krankmeldungen sieht Hötzel durchaus gegeben und in der Praxis bestätigt. „Alle hatten das Gefühl, dass vor allem der Tag nach der zweiten Impfung problematisch ist.“ Er sei selber krank gewesen. Beim Blick in das Online-Impfportal fällt dem Sparkassensprecher etwas auf: „Genau an den Freitagen sind noch die meisten Termine frei.“ Könnte es sein, dass abhängig Beschäftigte lieber in der Woche krank werden?