Mülheim. Nach fast sechs Monaten kehren auch Mülheimer Schüler bald wieder vollständig in ihre Klassen zurück. Nicht alle sind von dieser Idee begeistert.

Unterricht mit allen Mitschülern gleichzeitig: Das soll – bei stabiler Inzidenz unter 100 – ab 31. Mai wieder Normalität sein. Volle Klassenzimmer gab’s letztmals im Dezember 2020. Und so wird der Neustart vor allem eine Erfahrung für junge Grundschüler sein. Viele konnten sich wegen Corona kaum kennenlernen. Die Erstklässler werden profitieren, sagt Andreas Illigen, Leiter der Schildbergschule. Und auch anderen werde es gut damit gehen, Viertklässlern zum Beispiel. Diese könnten sich sogar noch Hoffnungen auf eine Abschlussfeier machen. Illigen, der sogar wieder Schwimmunterricht anbieten will, ist sicher, dass auch viele Eltern froh sind, dass Kontinuität einzieht. „Und auch für die Lehrer ist der Schritt in Ordnung“, glaubt er. Nicht überall in der Stadt aber ist Stimmung so euphorisch.

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„Ich habe Bauchschmerzen bei der Vorstellung, dass wieder alle Schüler gleichzeitig da sind“, sagt etwa Ulrich Bender, stellvertretender Leiter der Otto-Pankok-Schule. „Wir hätten uns Wechselunterricht bis zu den Ferien gewünscht.“ Bender spricht von „Hauruckverfahren“. Und erinnert daran, dass die Lehrkräfte der weiterführenden Schulen maximal einmal geimpft sind – und die Schüler noch gar nicht. Selbst wenn Masken und Tests zweimal wöchentlich weiter vorgeschrieben sind, macht er sich Sorgen. „Alle Schüler sind gleichzeitig in der Pause, begegnen sich auf dem Schulweg, in engen Bussen.“ Am OP kann der Unterricht für alle übrigens frühestens zum 2. Juni beginnen; zuvor stehen mündliche Abiprüfungen und ein Klausurentag an.

Die Vorstellung, wieder Schulter an Schulter sitzen zu müssen, bereitet Unbehagen

Ute Gibbels, Leiterin der Karl-Ziegler-Schule, weiß, „dass auch einigen Schülern und Lehrern mulmig ist“. Wieder Schulter an Schulter sitzen zu müssen, bereite Unbehagen. Am Mittwochabend ist eine erste Mail vom Ministerium mit Infos eingetrudelt. Nun gelte es, viele Fragen zu klären: etwa wie der Offene Ganztag künftig laufen wird. Oder wie gemeinsames Essen über die Bühne gehen kann. „Wir müssen alle Hygienekonzepte überprüfen.“

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Fraglich sei auch, wann und wie Klassenarbeiten bzw. Leistungsüberprüfungen durchgeführt werden können. Und ob überhaupt für alle Bereiche ausreichend Personal da ist. „OGS-Kräfte haben sich zum Teil etwas anderes gesucht und bei den Lehrern gibt es nach wie vor Risikopatienten, die nicht unterrichten müssen.“ Immerhin habe man anderthalb Wochen Zeit fürs Konzept, in der Vergangenheit musste es oft schneller gehen. „Deshalb werden wir das schon schaffen.“

Das Zerreißen zwischen Arbeit, Homeschooling und Kinderbetreuung hat ein Ende

Julia Othlinghaus-Wulhorst, Vorsitzende der Stadtschulpflegschaft, sieht an den Grundschulen eine „gespaltene“ Elternschaft: „Viele sehnen den Tag herbei, weil sie sich seit Monaten zerreißen zwischen Arbeit, Homeschooling und Betreuung.“ Es gebe aber auch Eltern, die dem Vorhaben kritisch gegenüberstehen und Angst haben, dass sich ihre Kinder infizieren. „Sie fragen sich, ob man dieses Risiko so kurz vor Schuljahresende noch eingehen muss. . .“