Mülheim. Kuriose Wahl des MWB-Aufsichtsrates: Mülheims Ex-OB Scholten wurde eigentlich abgewählt, behielt aber doch seinen Sitz. Dann trat er zurück.
Wie im Kreml sei es phasenweise zugegangen bei der Vertreterversammlung der Mülheimer Wohnungsbau eG (MWB) am Dienstag, schildert ein Teilnehmer seine Eindrücke. Für Aufruhr gesorgt hat die Wiederwahl des Ex-Oberbürgermeisters Ulrich Scholten in den Aufsichtsrat.
Eigentlich hätte die Vertreterversammlung schon im Sommer stattfinden sollen, war aber wegen Corona in den Oktober verschoben worden. Zunächst sei es eine völlig unauffällige Versammlung der Genossenschaft gewesen, sagt Vorstandsvorsitzender Frank Esser, anstehende Entscheidungen seien schnell getroffen worden. 52 der 72 Mitglieder der Vertreterversammlung seien anwesend gewesen – mehr als erwartet. Als jedoch die Wiederwahl Ulrich Scholtens anstand, kam es zum Eklat.
Wahl des MWB-Aufsichtsrates in Mülheim: „Juristisch korrekt“
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In der Regel werden die Aufsichtsratsmitglieder einstimmig oder zumindest mit hoher Zustimmung gewählt, schildert ein Vertreter. Nicht so bei Scholten: Er erhielt im ersten Wahlgang nur 14 Ja-Stimmen der 52 Abstimmenden, viele enthielten sich. „Ulrich Scholten hat gezögert, ob er sich für einen zweiten Wahlgang zur Verfügung stellt“, sagt Esser. Schließlich hat er aber zugestimmt. „Es wäre vielleicht besser gewesen, wenn er das nicht getan hätte.“
Im zweiten Wahlgang dann dasselbe Ergebnis: wieder nur 14 Ja-Stimmen für den 62-Jährigen. Dann folgt die Überraschung für viele: Gewählt ist damit Scholten trotzdem, obwohl sich mehr Mitglieder gegen als für ihn entschieden haben. „Die Wahl erfolgte juristisch und formal korrekt gemäß der Mustersatzung des Gesamtverbandes der Wohnungswirtschaft (GdW), an der sich die unserer Genossenschaft stark orientiert“, erklärt Esser. Denn es gewinnt im zweiten Wahlgang derjenige mit den meisten Fürsprechern – und mangels Gegenkandidat war dies Scholten.
Buh-Rufe und Pfiffe bei der Wahl Ulrich Scholtens
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Laut einem Vertreter soll es Buh-Rufe und Pfiffe gegeben haben, nachdem Scholten die Wahl schließlich annahm. Aufgrund der Aufruhr entschied sich die Versammlung, eine außerordentliche Vertreterversammlung einzuberufen mit nur zwei Tagesordnungspunkten: der Abwahl Scholtens und der Wahl eines neuen Aufsichtsratsmitglieds. Dem kam der Ex-OB am Abend zuvor: „Ich habe mich nach reiflicher Überlegung zum Wohle der Genossenschaft gegen das Amt entschieden und wünsche einem hoffentlich mehrheitlich getragen Kandidaten für den nun offenen Posten das Beste“, ließ er mitteilen. Persönlich weiter äußern wollte er sich am Mittwoch nicht.
Die Aufsichtsratstätigkeit beim MWB hatte Ulrich Scholten schon häufiger Ärger eingebracht. So rügte ihn der Stadtrat vor gut zwei Jahren, weil er ebendiese nicht angezeigt hatte – weder dem Rat noch seiner Dienstaufsicht, der Bezirksregierung. Diese bestellte ihn zum Rapport. Daraufhin vereinbarte er, keine Aufwandsentschädigungen mehr vom MWB zu kassieren.
Scholten nahm an Aufsichtsratssitzung teil, obwohl er als OB krankgeschrieben war
Im Mai dieses Jahres dann der nächste Fauxpas: Obwohl Scholten bereits seit Oktober 2019 krankgeschrieben war und nach seiner Herz-Operation im Januar keine Termine als Oberbürgermeister mehr wahrgenommen hatte, besuchte er im Frühjahr eine Aufsichtsratssitzung des MWB. Auch wenn es nur eine kurze Sitzung gewesen sein soll – Scholten erntete scharfe Kritik, im Rathaus war man mehr als verwundert über sein Abtauchen und zeitgleiches Teilnehmen an der MWB-Versammlung.
Ob nicht absehbar war, dass die Wiederwahl Scholtens für Ärger sorgen wird? „Ich habe mit Unmut gerechnet und damit, dass es einen Gegenkandidaten gibt“, sagt Esser, der mit dem ehemaligen Oberbürgermeister befreundet ist. „Aber als es keinen gab, ging ich davon aus, dass er wiedergewählt wird.“ Nun ist aber dieses Kapitel in Scholtens Ära Geschichte.