Mülheim. Mit einer Demo auf dem Rathausmarkt meldete sich die Mülheimer Fridays for Future-Bewegung zurück. Politik schenkte den jungen Aktivisten Gehör.

Sie sind immer noch hier und immer noch laut, „weil ihr uns die Zukunft klaut“: Wenn auch hinter Masken und längst nicht so massig wie noch vor einem Jahr, demonstrierten gut 70 Schüler, Aktivisten und Sympathisanten der Fridays-for-Future-Bewegung am Freitagnachmittag auf dem Rathausmarkt und in der Mülheimer Innenstadt. Demo unter Corona? Gar nicht einfach. Und doch merkte man vielen jungen Leuten an, dass sie wieder heiß sind, auf die Straße zu gehen.

„In den letzten Monaten haben wir alle gemerkt, wie schnell es doch gehen kann, dass wir auf einmal eben nicht mehr einfach so mit mehreren hundert oder sogar tausenden von Menschen auf die Straße gehen dürfen, um für unsere Zukunft zu demonstrieren“, sagt Luisa (15) vom Orga-Team der Demo. Anderthalb Jahre lang gibt’s die Bewegung schon in Mülheim mit Hochphasen, in denen 1600 Menschen auf der Straße waren. Und Tälern, in denen man nur eine Handvoll Aktive sah.

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Corona war auch eine Bremse für die Klima-Bewegung

Corona war allerdings auch eine Bremse für die FFF-Bewegung. Sie musste den Protest ins Netz verlegen. Klimafragen gerieten aber auch medial in den Hintergrund. „Der menschengemachte Klimawandel ist weiterhin ein sehr reales Problem“, hält die 15-Jährige dagegen, es sei nicht fünf vor Zwölf, „leider haben wir keine fünf Minuten mehr“. Immerhin sei in Mülheim vom Rat der Klimanotstand anerkannt worden, begrüßt Luisa.

Die Kommunalwahl – sie könnte den Aktivisten neuen Auftrieb geben, selbst wenn die überwiegende Zahl der Schüler nicht wählen darf. Zumindest schenkte ihnen die Politik am Freitagnachmittag prominente Aufmerksamkeit: Die OB-Kandidaten Monika Griefahn (SPD), Wilhelm Steitz (Grüne), Andy Brings (Die Partei), Jürgen Abeln (parteilos) sowie die Parteisprecherin der Linken, Andrea Mobini, zeigten sich auf der Kundgebung. Und unterstrichen, dass die Bewegung auch in Mülheim – und nicht nur in Berlin – für sie durchaus noch Gewicht hat.

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„Zu vieles werde seit Fridays for Future naiv überhöht“, antwortete die MBI

FFF mahnt Politik: Wir sind die Wähler von morgen

Nicht nur die Gemeinsamkeiten von Klimaschutz- und Anti-Rassismus-Bewegung machten Beiträge auf dem Rathausmarkt deutlich. Einer Studie zufolge sind Menschen mit nicht-weißer Hautfarbe – people of color (PoC) – den Umweltrisiken stärker ausgesetzt als weiße. So genannte dreckige Industrien sind immer öfter in Regionen angesiedelt, in denen hauptsächlich PoC leben.

Auch verschiedene Mülheimer Initiativen, die sich für ihre Grünflächen und gegen den Gewerbeplan der Stadt einsetzen, sollten hier Gehör finden. So etwa die Initiativen vom Auberg, aus Selbeck und Winkhauser Tal. Von ihnen erschien allerdings nur letztere.

FFF-Aktivistin Judith (15) machte sich für ihre „Generation Z“ stark, also diejenigen, die zwischen 1997 und 2012 geboren sind, und zum Teil noch nicht mit ihrer Stimme über politische Zusammensetzungen entscheiden können. Noch würden sie von der Politik kaum beachtet, mahnte die 15-Jährige. „Wir sind vielleicht noch nicht so viele. Aber wir sind die Wähler von morgen.“

Freilich aber nicht für alle Parteien: „Zu vieles wird seit Fridays for Future naiv und weltfremd überhöht, was dann wirkliche Verbesserungen im Klimaschutz stark behindert“, zitiert Luisa mit leichter Ironie aus der „Lieblingsantwort“ einer von vielen Mülheimer Parteien, die Fridays for Future zur Rolle des Klimaschutzes für die Politik befragt hatte. Es seien die Mülheimer Bürgerinitiativen (MBI) gewesen, heißt es. Die Antworten der Mülheimer Parteien sollen in den nächsten Tagen von Fridays for Future im Internet veröffentlicht werden.

Über die Stadtmitte, Leineweber und zum Ruhrufer ging der Demonstrationszug. Neela (8) ist mit ihrer Mutter das erste Mal auf einer Demo. Warum? „In der Schule haben wir im Ethik-Unterricht über Plastik im Meer gesprochen. Die sind so groß wie Inseln“, erzählt sie. Aber was kann man tun? Demonstrieren – das will sich die Achtjährige zumindest mal angucken. Zu Hause tun sie schon etwas: „Wir achten darauf, wenig Verpackungen zu verbrauchen, wir laufen und radeln viel, statt mit dem Auto zu fahren – das Kleine hilft schon, wenn es viele machen“, sagt ihre Mutter.