Mülheim/Duisburg. Ein Mülheimer, der im Oktober 2019 sieben Mal auf einen Freund eingestochen hat, muss sich vor dem Landgericht Duisburg dafür verantworten.

Eigentlich waren ein 26-Jähriger und ein 21-Jähriger, die im Oktober 2019 in einer Einrichtung für Betreutes Wohnen in Mülheim lebten, gute Freunde. Warum der 26-Jährige bei einer Auseinandersetzung auf einem Spielplatz an der Arndtstraße in Eppinghofen in der Nacht zum 22. Oktober 2019 seinen Freund mit einem Messer lebensgefährlich schwer verletzte, ist bislang rätselhaft. Wegen versuchten Mordes steht der in Gelsenkirchen geborene Mann nun vor dem Landgericht Duisburg.

Die Staatsanwaltschaft fordert die dauerhafte Unterbringung des Beschuldigten in einem psychiatrischen Krankenhaus. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass der 26-Jährige sich zur Tatzeit in einem Zustand befand, in dem man ihn nicht strafrechtlich verantwortlich machen kann. Er war stark betrunken, hatte Drogen konsumiert. Und er leidet gleich unter einem halben Dutzend relevanter Erkrankungen: Ärzte diagnostizierten eine Intelligenzminderung, eine Persönlichkeitsstörung, eine Schizophrenie, eine organisch bedingte wahnhafte Störung und eine Abhängigkeit von Alkohol und diversen Drogen.

Möglicherweise ging es um Schulden aus einem Drogenkauf

Zusätzlich erschwert wurde die Vernehmung des 26-Jährigen dadurch, dass sein Hörvermögen stark eingeschränkt ist. „Auf einem Ohr ist er taub, auf dem anderen trägt er ein Hörgerät“, erläuterte der Verteidiger. Phasenweise ging es deshalb bei der Verhandlung im altehrwürdigen Schwurgerichtssaal recht laut zu.

Der Geschädigte und er hätten am Tatabend gemeinsam gezecht, meint sich der Angeklagte zu erinnern. Zunächst auf dem Spielplatz, wo der 21-Jährige sich mit zwei jungen Männern getroffen haben soll. Es ging um Geld. Möglicherweise Schulden aus einem Drogenkauf in Höhe von 20 Euro. Dann habe man im Heim weiter getrunken.

Sieben Messerstiche: Einer verfehlte nur knapp die Halsschlagader

Sein Freund habe mit einem der Männer gechattet, meint der des Lesens und Schreibens nur mäßig kundige Beschuldigte. Er selbst schickte eine Sprachnachricht an die Gegenseite: „Ich steche dich gleich ab.“ Sein Kumpel habe ihm ein Messer gegeben, ihn aufgefordert, den Widersacher abzustechen. Noch einmal ging man auf den Spielplatz, wo die beiden anderen Männer schon warteten. Einer von ihnen soll seinem Freund eine Machete an den Hals gehalten haben.

Stichwort: Sicherungsverfahren

In Fällen, in denen psychisch kranke Täter im Zustand der Schuldunfähigkeit Straftaten begangen haben und die Gefahr besteht, dass sie weitere gefährliche Taten begehen, wird ein Sicherungsverfahren eingeleitet.

Eine große Strafkammer des Landgerichts, die mit drei Berufsrichtern und zwei Schöffen besetzt ist, muss dann über den Antrag der Staatsanwaltschaft entscheiden, den Beschuldigten zum Schutz der Allgemeinheit dauerhaft in einem psychiatrischen Krankenhaus unterzubringen.

Dann soll der Beschuldigte die Seiten gewechselt haben. Als der 21-Jährige davonrannte und von seinem Handy die Polizei anrief, verfolgte ihn der 26-Jährige. Heimtückisch soll er von hinten den ersten Stich mit einem 19 Zentimeter langen Messer geführt haben. Sechs weitere folgten. Einer verfehlte nur knapp die Halsschlagader des 21-Jährigen.

„Ich wollte meinen Freund nicht töten“

Warum er das tat? Der Beschuldigte weiß es nicht so recht. Vielleicht sei er von den beiden anderen Männern beeinflusst worden. Dass der 26-Jährige leicht zu beeinflussen ist, bewies auch dessen Vernehmung: Er erinnerte sich scheinbar immer genau an das, was kurz zuvor irgendjemand gesagt hatte. Eines aber weiß der Beschuldigte genau: „Ich wollte meinen Freund nicht töten.“

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Auch der Zeuge hat für die Tat keine Erklärung. „Es war ein Fehler, noch einmal auf den Spielplatz zu gehen. Ab da lief alles schief.“ Zuerst sei er von einem der Männer, die Geld verlangten, obwohl er längst bezahlt habe, mit einer Machete bedroht worden. „Und dann hat der Beschuldigte auf mich eingestochen. Bis dahin waren wir beste Freunde.“

Für das Verfahren sind bis 3. September drei weitere Verhandlungstage vorgesehen.