Mülheim. Laura Patricia Kasprowski (19) ist Transgender und CDU-Kandidatin in Mülheim. Wie sie mit Anfeindungen im Internet umgeht und was sie stärkt.
Es sind harte Worte, die Laura Patricia Kasprowski in sozialen Netzwerken entgegenschlagen – und gleichzeitig ist die junge Frau nun wohl deutschlandweit die bekannteste Mülheimer Kandidatin für die Kommunalwahl. Laura hieß früher Ralph, ist 19 Jahre alt und Mitglied der Jungen Union. Ihre Vorstellung als Kandidatin für die Bezirksvertretung 1 bei Twitter wurde über 100 Mal geteilt, hunderte Kommentatoren giften sie wahlweise an oder sind begeistert von ihrem Engagement. Wie sie umgeht mit den Reaktionen und warum sie sich als Transgender ausgerechnet die CDU ausgesucht hat, erzählt sie im Gespräch.
Mülheimer Kandidatin wird auf Twitter angefeindet – und bekommt Rückendeckung
„Wo habt ihr den Plastikschlitten ausgegraben?“, „Ist das noch CDU?“, „Dieser Moment, wenn eine einst gute Partei immer weiter zum Links-Grünen Wahnsinn abrutscht“ – Es ist sind verletzende und unverschämte Kommentare, die fremde Nutzer Laura Kasprowski entgegenwerfen, als die Junge Union sie in dieser Woche bei Twitter vorstellt. Auf dem Bild lächelt Laura mit rotem Lippenstift und blauem Lidschatten in die Kamera. In kleinem Rahmen kennt sie das schon aus den sozialen Netzwerken, die Sprüche, sie sei keine richtige Frau, sie könne das in ihrem Alter gar nicht beurteilen, ihr Geschlecht zu verändern.
„Bisher hat mich das nicht wirklich interessiert“, sagt die 19-Jährige. „Aber das hatte jetzt eine andere Dimension und beschäftigt mich doch.“ Unterkriegen lassen will sie sich davon nicht, ihre Kandidatur durchziehen sowieso. Und da sind dann auch die vielen anderen, die ihr Mut zusprechen: „Solidarität mit Laura“, „Bleib am Ball“, „Die CDU kann stolz auf ihren politischen Nachwuchs sein“ – die Mehrheit steht fest hinter ihr.
„Mülheim kann mit mir als Transperson gut umgehen“
Laura Kasprowski, in Berlin geboren, lebte viele Jahre im niedersächsischen Landkreis Lüchow-Dannenberg, der zwar 13 Mal so groß ist wie Mülheim, aber weniger als ein Drittel so viele Einwohner hat. Sie durchlief dort eine Jugendhilfemaßnahme, bevor sie vor zwei Jahren nach Mülheim zog. Hier wohnt ihre Familie, die Mutter, die drei kleinen Geschwister.
Erst vor wenigen Monaten entschied sich die Otto-Pankok-Schülerin, sich zu outen. Was auf dem Land noch nicht möglich schien, ist im Ruhrgebiet leichter. „Die Stadt kann mit mir als Trans-Person gut umgehen“, sagt die 19-Jährige. „Ich bin hier wenig angefeindet worden.“
Laura will Hormonersatztherapie Ende des Jahres beginnen
Bevor sie sich outete, anfing, sich in der Öffentlichkeit in Frauenkleidern zu bewegen, sich zu schminken, sprach sie mit ihrer Schulleitung und ihrer besten Freundin. „Ich habe ganz viel Rückendeckung bekommen.“ Und auch in der Partei, in der Jungen Union, in der sie seit vier Jahren Mitglied ist, erfährt Laura viel Unterstützung, „da gab es keine Querelen“. Obwohl ihr Outing so kurz vor der Aufstellung zur Kommunalwahl kam, sei alles reibungslos gelaufen.
Noch ist Laura offiziell ein Mann. Eine psychotherapeutische Behandlung bereitet sie auf die Hormonersatztherapie vor, die sie Ende des Jahres beginnen will. Weil die Hormone ein massiver Eingriff in den Körper sind, ist die psychologische Begleitung sinnvoll. Wobei Laura gefestigt ist in ihrer Entscheidung: „Für mich steht absolut fest, dass ich diesen Weg gehe“, sagt sie. Schon immer habe sie sich zwischen den Geschlechtern gefühlt. Auch klar ist für sie, dass sie die „große Lösung“ durchziehen möchte, also die komplette Geschlechtsumwandlung.
„Nicht das Gefühl, dass LGBT nicht mit CDU vereinbar wäre“
Warum sie sich als Transgender gerade für die CDU entschieden hat, wo doch andere Parteien sich schon viel früher die Rechte der LGBT-Bewegung (Lesbian, Gay, Bisexual, Transgender) auf die Fahne geschrieben haben? „Ich hatte auf dem Land eine sehr konservative Prägung“, erklärt Laura. „Und ich hatte nie das Gefühl, dass LGBT nicht mit der CDU und der Jungen Union zu vereinbaren wäre.“
Die CDU versuche, auch die mitzunehmen, die Skepsis haben. Der rechte Rand finde mittlerweile eine neue Heimat in der AfD, „die es mit den Minderheitenrechten nicht so genau nimmt“. „Uns tut dieser Weg sehr gut“, sagt Laura. Und immerhin: Der einzige OB-Kandidat, der Ende Juni am Mini-Christopher-Street-Day teilgenommen hat, war der der CDU, Marc Buchholz.