Mülheim. In der Saarner Dorfkirche grübelten Mülheimer mit Ex-Philosophielehrer Peter Leitzen über das Gartenglück. Und kamen schnell zur realen Politik.
„Wenn du einen Garten und eine Bibliothek hast, wird es dir an nichts fehlen“ – soll zumindest Philosoph Cicero behauptet haben, der wohl die Vorzüge des Binge-Guckens auf Netflix und die Sehnsucht nach Gemeinschaft in Zeiten der „sozialen Distanz“ nicht kannte. Was aber verbindet das Gartenglück mit der Philosophie? In der Saarner Dorfkirche denkt der Ex-Philosophielehrer Peter Leitzen darüber nach. Das Publikum kommt schnell von der hohen Geisteslehre auf die niedere Politik.
Rund 35 Menschen sind zu Leitzens philosophischem Dienstagabend gekommen. Viel mehr hätten es unter Abstand-Bedingungen auch nicht sein dürfen. Die Mischung aus lautem Nachdenken und Vorlesung trifft offenbar den Nerv der aktuellen Krisenzeit. Viele Mülheimer haben den Garten nicht nur als wertvollen Freiraum im Lockdown kennen gelernt sondern schätzen inzwischen auch seinen ökologischen Wert.
Doch so leicht ist dieser Bogen nicht zu spannen. Platon, der selbst einen Olivenhain pflegte und dort nur erlesene Gäste zuließ, hatte ein ebenso elitäres Verhältnis zu Philosophie und Politik. Schließlich sei es doch der privilegierte Philosoph, der unter allen Unwissenden und Verblendeten seine Gedanken gewissermaßen sät. Eben wie ein Gärtner, vergleicht Leitzen.
Von Epikur zu Rousseau bis Nietzsche
Seinen roten Ariadnefaden zieht der ehemalige Lehrer durch das gedankliche Labyrinth von Epikur zu Rousseau bis Nietzsche, der in jedem Menschen „verborgene Gärten“ sah. Der Garten als Ausdruck und Spiegel des Ich? Nicht immer ist dabei so klar, ob es um den tatsächlichen Garten – quasi die Philosophie des Gärtnerns – geht oder nur um ein griffiges Bild, das die „alten Vor-Denker“ gerne nutzten.
Zumindest die Zuhörer regt das an, über das aktuelle Zeitgeschehen nachzudenken: Welche Rolle spielt das Gärtnern und die Natur? Wie gehen wir konkret mit den Ruhrauen um? Welche Verantwortung erwächst aus Grundbesitz? Rechnet sich auch Grün?
„Was für einen Garten lieben Sie“, fragt ein Zuhörer. „Den anti-autoritären“, antwortet Leitzen spontan. „Ich liebe das Wachsenlassen, wenn man nichts machen muss.“