Mülheim. In mehreren Städten sind Mülldetektive bereits erfolgreich, um Abfallsünder zu ermitteln. Bürgerhilfe ist dabei willkommen. Mülheim zögert noch.

„Morgen kommt das neue Sofa, wohin mit dem alten?“ Auf diese Frage gibt es drei Antworten: Der Möbellieferant nimmt die ausgediente Sitzlandschaft gegen Aufpreis mit. Die MEG (Mülheimer Entsorgungsgesellschaft) holt die durchgesessene Couch kostenlos ab. Oder: Die Familie packt das staubige Stück ins Auto und lädt es bei Nacht und Nebel an einer Containersammelstelle oder im Wald ab. Letztere Aktion ist vorsätzliches, illegales Handeln und kann teuer werden. Um solche Täter – dazu gehören auch Nachbarn – zur Verantwortung zu ziehen, setzen immer mehr Städte auf so genannte Mülldetektive. In Mülheim sind sie seit Jahren in der Debatte. Aber außer viel Gerede hat der Rat dafür bisher keine Entscheidung getroffen.

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Rechtlich bewegen sich Mülldetektive auf dünnen Sperrholzplatten. „Aber seit sie in der Stadt unterwegs sind, haben sich die illegalen Abladestellen verringert. Deren Arbeit ist erfolgreich“, sagt Martin Berger, Stadtsprecher in Oberhausen. Seit vier Jahren verfolgen dort Mülldetektive Wildkipper. „Das spricht sich auch unter diesen herum“, weiß Martin Berger.

Detekteien sind flexibel einsetzbar

Diese Stadt engagiert für Kontrollen wilder Müllkippen Detekteien. „Die können auch abends, nachts und an Wochenenden auf den Straßen unterwegs sein. Sie sind flexibler als Stadtangestellte.“ Werden Müllsünder auf frischer Tat ertappt, seien Bußgelder fällig. Bei kleinen Vergehen bis 50 Euro, bei größeren wie das Abladen von Möbelstücken, Farbresten oder Bauschutt fangen Strafzahlungen bei 150 Euro an und können vier- oder fünfstellig werden.

Trotzdem spülen die Bußgelder keine Großsummen in die Stadtkasse. 20 Prozent der Personalkosten würden damit gedeckt. „Aber es schreckt Täter ab und es ist ein – heute notwendiger – Weg, das Stadtbild etwas sauberer zu halten“, sagt Martin Berger. Dazu sei noch viel Aufklärungsarbeit notwendig.

Wer hat hier den Tisch nicht abgeräumt? Die Reste ihres feuchtfröhlichen Treffens hinterließen Unbekannte auf einer Tischtennisplatte im Witthausbusch. Leser Günter Urbanczyk fotografierte das „Stillleben“ am 10 Juni.
Wer hat hier den Tisch nicht abgeräumt? Die Reste ihres feuchtfröhlichen Treffens hinterließen Unbekannte auf einer Tischtennisplatte im Witthausbusch. Leser Günter Urbanczyk fotografierte das „Stillleben“ am 10 Juni. © Günter Urbanczyk

Im Schnitt gehen pro Tag zehn Meldungen ein

Das bestätigt auch Tobias Heyne, Sprecher der Gelsendienste in Gelsenkirchen. „Wegen wild entsorgter Abfallsäcke, ohne Termin bereit gestellten Sperrmülls, heimlich abgekippten Grünschnitts oder Bauschutts hat die Stadt Gelsenkirchen die Ermittlungsarbeit nach illegalen Entsorgern intensiviert“. Allein in 2015 seien 3447 Meldungen eingegangen. In diesem Jahr seien es im Schnitt zehn pro Tag.

Inzwischen seien zwei Teams beiderseits des Rhein-Herne-Kanals unterwegs. Sie sammeln in Abfallbergen Beweismaterial. „Finden die Männer Dokumente, die auf Verursacher schließen lassen, besuchen sie die Leute, stellen sie zur Rede. Manchmal reichen Ermahnungen.“ Für diese Arbeit seien robuste Kerle mit Fingerspitzengefühl gefragt.

Ermittelte Müllsünder müssen Strafe und Entsorgung zahlen

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Sind die Leute uneinsichtig, übernimmt die städtische Bußgeldstelle und es folgen Ordnungswidrigkeiten-Anzeigen“, sagt Heyne. Bei schweren Vergehen könnten Bußgelder bis 50.000 Euro fällig werden. „Dazu müssen die Verursacher die ordnungsgemäße Entsorgung ihrer Abfälle bezahlen.“

Auch die von den Bürgern gemeldeten Müllkippen nehmen die Teams ins Visier. Die Arbeit sein aufwändig und intensiv. „Die Teams kennen nach vier Jahren die bekannten Schwerpunkte, werden manchmal auch mehrmals am Tag dorthin gerufen. „Meistens sind unsere Prüfer zu spät vor Ort. Sie haben auch schon illegale Müllkipper auf frischer Tag erwischt. Das schreckt ab. Aber ein Großteil der Verursacher lässt sich nicht mehr zu Rechenschaft ziehen.“

Genaue Angaben helfen den Ermittlern

Daher setzt die Stadt Gelsenkirchen auch auf die Hilfe der Bürger. „Unbedingt eindeutige Angaben zu den Verursachern werden benötigt. Dazu gehören zum Beispiel das Kennzeichen eines Autos“, erklärt Tobias Heyne. Außerdem seien Angaben zum genauen Ort und der Uhrzeit sowie der Art und Menge des abgelagerten Abfalls wichtig. Zudem müssten die Hinweisgeber bereit sein, ihre Aussage bei Bedarf zu bezeugen. Mit Denunziantentum habe das nichts zu tun. „Diese Meldungen sind erwünscht.“

Die Mülldetektive Sandro Blank (li.) und Dieter Hellermann der Entsorgungsbetriebe Mönchengladbach haben einen illegale Abfallkippe entdeckt und sichern mögliches Beweismaterial.
Die Mülldetektive Sandro Blank (li.) und Dieter Hellermann der Entsorgungsbetriebe Mönchengladbach haben einen illegale Abfallkippe entdeckt und sichern mögliches Beweismaterial. © FUNKE Foto Services | MATTHIAS GRABEN

Auch in Mönchengladbach sind Mülldetektive seit Jahren erfolgreich. „Einige illegale Dauerkippen sind bereits aus dem Ortsbild verschwunden.“ Pappkartons voller Unrat an Sammelstationen seien aber immer noch „unerträgliches Alltagsgeschäft“, heißt es vom Niederrhein. Dort sind Mülldetektive der Kommune entweder in gelben Warnwesten oder in Zivil unterwegs. Beide Arbeitsweisen hätten ihre Vorteile: erkennbare Bürgernähe und getarnte Ermittlung.

Vorausschauend planen hilft beim Entsorgen

Die Arbeit der Müllkontrolleure ist mühsam und nur langfristig Erfolg versprechend. Immer wieder ermahnen und aufklären, dass Müll nicht wahllos irgendwo hingekippt werden darf. „Wir müssen dazu das Bewusstsein in der Bürgerschaft schärfen, dass Müll getrennt in die passenden Tonnen gehört und der Rest auf den Recyclinghof korrekt entsorgt gehört“, bringt es Martin Berger für seine Sprecherkollegen auf den Punkt.

In den meisten Fällen ist die Abgabe des Mülls in Haushaltsmengen auch in Mülheim kostenlos. Hinzu kommt die zu bestellende Sperrmüllabfuhr von der MEG. Das Sofa gehört dazu und braucht nicht irgendwo nachts illegal abgeworfen zu werden, nur weil es den Besitzern gerade so passt. „Ein bisschen vorausschauend planen hilft allen“, sagt Tobias Heyne.