Mülheim. Der Anbieter Flixbus wirbt mit günstigen Reisen und hohen Hygienestandards. Was ein Mülheimer jedoch erlebte und weshalb er vorzeitig ausstieg.

„Deine Sicherheit steht an erster Stelle. Wir arbeiten eng mit lokalen Gesundheitsbehörden zusammen“ – so zumindest verspricht das Reiseunternehmen Flixbus seinen Kunden höchste Hygienestandards in Corona-Zeiten. Die Realität ist offenbar eine völlig andere – so schildert es der Mülheimer Uwe Meier. Seine Fahrt nach Bad Kissingen endete in Düsseldorf – auf eigenen Wunsch.

Eigentlich hätte Meier schon in den ersten Minuten den Bus wieder verlassen wollen, „aber ich musste weiterfahren, weil man mich nicht wieder herausgelassen hat“, sagt der 64-Jährige. Doch zurück zum Anfang: Eine Woche Urlaub in Bad Kissingen hatte der Mülheimer im Sinn. Nur: Wie hinkommen? Nicht mit der Bahn, denn die ist ihm zu voll und zu eng, das Ansteckungsrisiko zu hoch. Die Suche führt ihn auf die Seite von Flixbus.de.

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Video verspricht hohen Hygienestandard

Dort preist man die Sicherheitsmaßnahmen auf der Startseite an: „Damit Du sicher und komfortabel unterwegs bist, sorgen wir für hohe Hygienestandards.“ Was man ihm schriftlich und per Video verspricht, überzeugt Meier: Kontaktloser Check-in mit zwei Meter Abstand zu anderen Fahrgästen, alle Fahrer und Mitarbeiter tragen einen Mund-Nasenschutz. Menschen in Ganzkörperschutzanzügen versprühen großzügig Desinfektionsmittel. Selbst der Gurt zum Anschnallen wird im Clip einzeln gereinigt. Und der Mitarbeiter kontrolliert streng die Einhaltung der Abstände.

Die Realität hingegen wirkt ernüchternd: Den Mundschutz sollen Fahrer und Beifahrer erst zur Fahrt aufgesetzt haben, auf Abstände beim Check-in habe niemand geachtet. „Im Bus selbst gab es keine Mindestabstände: Vor und hinter mir saßen die Leute ganz normal. Nur mein Nebensitz war leer“, schildert er. Ein Zufall, denn in den anderen Reihen sitzt man eng beisammen.

Die Realität: Keine Mindestabstände und kaum Masken im Bus

Flixbus will Buspartner an Maskenpflicht erinnern

Auf den konkreten Fall geht die Pressesprecherin von Flixbus kaum ein. Auf Anfrage dieser Zeitung gibt Flixbus an, dass „unsere Sicherheits- und Hygienevorschriften über die gesetzlichen Mindestvorschriften hinausgehen und nachhaltige und erschwingliche Mobilität für unsere Partner und Passagiere sowohl im Fahrbetrieb als auch wirtschaftlich möglich machen“.

Die Busse würden nach jeder Fahrt gründlich gereinigt und desinfiziert. Zusätzliche Reinigungen und Desinfektionen fänden an Haupthaltestellen statt. Gleichwohl räumt Flixbus ein, dass „die Anzahl von buchbaren Sitzplätzen in den Bussen gegenwärtig nicht reduziert wurde“.

Fahrer dürfen laut Straßenverkehrsordnung während der Fahrt keine Maske tragen, um die Sicht nicht einzuschränken. Fahrgäste seien aber verpflichtet, Gesichtsmasken (Mund-Nasen-Schutz) während des Einsteigens und der Reise zu tragen. „Hier appellieren wir besonders an unsere Fahrgäste, eigenverantwortlich und im Interesse ihrer Mitmenschen zu handeln – bei Missachten sind unsere Fahrer jedoch dazu angehalten, die Reisenden darauf aufmerksam zu machen.“

Aufgrund des geschilderten Falles werde man den Buspartner dieser Strecke noch einmal explizit darauf hinweisen.

Auch sei im Bus die Maskenpflicht nicht kontrolliert worden. Als Meier den Beifahrer darauf hinweist, ermahnt dieser die anderen Fahrgäste „notgedrungen“. Meier erntet für seine Beschwerde nur Spott bei den überwiegend jungen Kunden. Kurze Zeit später nehmen einige den Mundschutz auch wieder ab. Als Meier von den Zuständen im Bus Aufnahmen machen will, hagelt es Widerstand: „Das dürfen Sie nicht veröffentlichen.“

Meier gibt auf: „Ich habe mich gefühlt wie in einem Virenpool“, schildert er. Den Bus kann er aber erst in Düsseldorf wieder verlassen. Die 16 Euro Verlust für die Busfahrt nimmt er dabei in Kauf. „Mich ärgert nur, dass damit auch eine Woche Urlaub in Bad Kissingen verloren ist, den ich gebucht habe.“

War Meier zu blauäugig gegenüber einem Billigreiseunternehmen? Der Preis habe für Meier nur eine zweitrangige Rolle gespielt, „ich fühle mich aufgrund der falschen Darstellung der Hygienestandards von Flixbus über den Tisch gezogen“, erwidert er. Die eigene Gesundheit sei ihm wichtiger als der Preis. Meier wendet sich an die „lokale Gesundheitsbehörde“, mit denen Flixbus laut eigener Angabe zusammenarbeite, und an die Polizei. Von denen jedoch habe sich niemand zuständig gefühlt, so Meier. Er solle Anzeige erstatten, habe man ihm stattdessen vorgeschlagen.