Mülheim. Am Stallmannshof in Mülheim steht ein Denkmal, das an die Saarner Wildpferde erinnert. Entworfen von Arnold Künne wurde es mit Spenden saniert.

Die Saarnbergsiedlung steht noch einmal im Fokus. Sie besteht 100 Jahre und wurde als sogenannte „Beamtensiedlung“ von der 1918 gegründeten Mülheimer Wohnstätten AG nach Plänen der Architekten Pfeifer und Großmann errichtet. Eintragungen im Adressbuch von 1921 belegen: Die ersten Häuser der Siedlung sind fertig, deren Bewohner als Eigentümer ausgewiesen. Die Architekten hatten vorher das Mülheimer Rathaus errichtet. Weitere bis heute das Stadtbild prägenden Bauten folgten. Auf einem Sockel steht in der Siedlung ein Denkmal, das an die Bergischen Wildpferde am Saarnberg erinnert. Es wurde vor Kurzem restauriert.

In einer Notiz über ein am 27. November 1924 geführtes Gespräch „betreffend Ausbildung des freien Platzes am Stallmannshof der Saarnbergsiedlung“ ist festgehalten, dass der Mülheimer Geschichtsverein schon 1922 eine „Ausschmückung obigen Platzes durch einen Brunnen zur Sprache gebracht“ habe. Das hat Wilhelm von Gehlen erforscht.

Bauurkunde aus dem Sockel liegt im Stadtarchiv

Als in der ersten Augusthälfte des Jahres 1966 das Denkmal auf dem Platz einige Meter verschoben wurde, fanden Handwerker eine im Sockel eingelassene Flasche. Sie fand keinen Platz mehr im Sockel und so kam die Flasche zur Aufbewahrung ins Stadtarchiv.

Die Postkarte von 1929 zeigt das Pferdedenkmal an seinem ersten Standort. Heute „galoppieren“ die Pferde in eine andere Richtung, sagt Heinz Sarrasch.
Die Postkarte von 1929 zeigt das Pferdedenkmal an seinem ersten Standort. Heute „galoppieren“ die Pferde in eine andere Richtung, sagt Heinz Sarrasch. © Siedlungsarchiv | Privatbesitz der Anwohner

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Die Urkunde in der Flasche hatte den Wortlaut: „Einer Anregung des hiesigen Geschichtsvereins folgend, entschloss sich die Mülheimer Wohnstätten Aktien Gesellschaft, auf dem Platz am Stallmannshof ein Denkmal zu errichten. Dasselbe soll ein Stück Heimatgeschichte darstellen, und zwar soll es an die wilden Pferde erinnern, die noch im Jahr 1830 hier frei herumliefen. Die wilden Pferde wurden mittels eines Strickes, an dessen einem Ende sich eine Schleife befand, gefangen. Den Mann, der diesen Strick handhabte, nannte man Stricker.“

Sechs Tage dauerte das Aufstellen der Skulptur

Der Spruch auf dem Sockel des Denkmals ist in plattdeutscher Mundart geschrieben und lautet auf Hochdeutsch: „Die wilden Pferde liefen sich frei zur Lust, der Stricker sie fangen konnte. Mensch, du magst stehen auf dem Berg oder im Tal, was dich treffen soll, das trifft dich überall.“

Der Entwurf des Denkmals stammt von dem Bildhauer Arnold Künne (Berlin) und den Architekten Pfeifer und Grossmann. Die Firma Johann Michael Waldmann in Rothenburg ob der Tauber übernahm die Ausführung und das Aufstellen – vom 27. Mai bis 2. Juni 1926. Damals wohnten 150 Familien in 92 Ein-, neun Zwei- und zehn Vierfamilienhäusern.

Tausende Treiber kesselten die Pferde ein

Einige Berichte sagen, die letzte Wildpferdejagd sei am 9. Dezember 1814 gewesen. Mit 1200 Treibern aus Mülheim, je 500 aus Duisburg und Ratingen sowie 200 Männern aus Angermund wurden die Pferde in dem 30 Kilometer Umfang messenden Kreis immer weiter in die Mitte getrieben. 256 Pferde trieben die Männer dabei in ein zuvor gefertigtes „Siel“.

„Danach fingen die ,Stricker’ die Pferde mit ihren Stricken ein und legten ihnen ein Halfter um“, beschreibt Wilhelm von Gehlen das Treiben. „Die gefangenen Pferde wurden in die Ställe des Schlosses Pempelfort in Düsseldorf gebracht und dort an die Interessenten verkauft.“

Schnaps war auf der letzten Jagd verboten

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Das „bergische Pferd“ hatte einen ausgezeichneten Ruf und war über die Landesgrenzen sehr geschätzt. Auch Napoleon bediente sich dieser Pferde, weil er von ihnen sehr angetan war. Gelegentlich kletterten die „Stricker“ auf Bäume, warfen ihre Stricke den unter ihnen durchlaufenden Pferden um den Hals und machten sie machten sie am Baum fest.

Von der letzten Jagd wird berichtet, der Polizeivogt Baasel aus Angermund habe den Auftrag gehabt, mit seinen Offizieren und Mannschaften dafür zu sorgen, dass die Treiber nüchtern bleiben. Sie hatten sich bei den letzten Jagden mit Schnaps dermaßen berauscht, dass „sie oft niederlagen und zum Jagen der Pferde nicht fähig waren“.

Das Denkmal für die Wildpferde ist restauriert. Am Stallmannshof trafen sich im September 2019 von links: Kai Rawe, Barbara Walter, Wilhelm von Gehlen, Hermann-Josef Hüßelbeck (verstorben im Januar 2020), Elke Oesterwind und Heinz-Dieter Zeitnitz.
Das Denkmal für die Wildpferde ist restauriert. Am Stallmannshof trafen sich im September 2019 von links: Kai Rawe, Barbara Walter, Wilhelm von Gehlen, Hermann-Josef Hüßelbeck (verstorben im Januar 2020), Elke Oesterwind und Heinz-Dieter Zeitnitz. © FFS | Mara Tröger

Der Stammtisch „Aul Saan“ schob die Sanierung an

Bei Spaziergängen hatten Mitglieder des Stammtisches „Aul Ssaan“ den Eindruck, dass dieses Denkmal erheblich „in die Jahre gekommen ist“ und dringend restauriert werden müsse. Bei einem von ihnen im Herbst 2017 im Haus der Stadtgeschichte gestalteten Mundartabend für Chird (Gerhard) Hardering kamen 410 Euro an Spenden zusammen.

Nach diesem Einsatz unterstützte auch der Geschichtsvereins die Restaurierung des Pferdedenkmals. Der Verein hatte schließlich einst das Aufstellen dieses Denkmals angeregt. Die Bewohner der Saarnbergsiedlung förderten den Restaurierungsplan mit weiteren Spenden“, erinnert sich von Gehlen.

Schild informiert über Sinn des Pferdedenkmals

„Als Oliver Ganser mit ersten Arbeiten begann, zeigte sich sofort eine Besserung des äußeren Erscheinungsbildes dieses Denkmals“, schreibt von Gehlen. Weitere Spenden wurden eingeworben, um das Projekt zu stemmen. Hinzu kam ein Schild mit Informationen über das Pferdedenkmal. „Ein QR-Code erlaubt ergänzende Informationen“, fass von Gehlen das Engagement der Bürger zusammen.

Mehr über die 100-jährige Saarnbergsiedlung steht in einer von den Bewohnern zusammengestellten Broschüre. Sie ist zu haben in der Buchhandlung Hilberath & Lang, Düsseldorfer Straße 111.