Mülheim. Täglich findet Landschaftswächter Hans-Peter Raddatz neuen Müll, den Mülheimer in den Styrumer Ruhrauen liegen lassen. Ermahnen stößt auf Pöbeln.
„Wir kommen jetzt in das Paradies für Pfandflaschensammler und der Leute, die ihren Müll gern illegal dort liegen lassen, wo sie gerade gefeiert haben.“ Hans-Peter Raddatz öffnet das Tor zum Naturschutzgebiet in den Speldorf/Styrumer Ruhrauen. Nach wenigen Metern „schmücken“ ein Pappteller und eine Plastikflasche die Wiese. „Das ist noch harmlos“, verspricht der Landschaftswächter. „Neben der Brücke sehen wir mehr.“
Und richtig: In großen Teilen der Flusslandschaft verteilt der Wind Abfallreste, hängen Chipstüten zwischen Sträuchern, liegen Matratzen hinter Büschen, stehen Bäume, neben deren Wurzeln verkohlte Asche und Eierkohlenreste zu sehen sind. Aus den Baumkronen wurden zahlreiche Äste herausgesägt. „Die brennen nicht und liegen jetzt im Wasser. Warum müssen Menschen unsere Natur so sinnlos zerstören?“ – fragt sich Raddatz.
Die Stadt habe genug Plätze und Parks, wo Bürger sich treffen könnten. „An einigen Stellen ist sogar Grillen unter Aufsicht erlaubt“, sagt Raddatz. „Aber die Leute wollen stets dort hin, wo sie keiner beobachten kann.“ Dabei sei die Speldorfer Ruhraue kein erholsamer Ruhepunkt. Der Lärm von der Autobahn sei doch eher störend.
Für einen ungestörten Platz entwickeln Menschen viel kriminelle Energie
Für ihr ungestörtes Plätzchen am Wasser entwickeln Menschen viel kriminelle Energie. „Der Zaun, der den Ruhrtalradweg vom Naturschutzgebiet abgrenzt, stand keine 24 Stunden. Da war er schon an zwei Stellen fachmännisch durchtrennt. Es gibt Menschen, die sagen: Ich muss dort rein. Die haben eine Zange in der Tasche“, sagt Raddatz.
Oft spricht er Leute an, die illegal im Naturschutzgebiet verbotenerweise feiern oder campen. Selten sähen diese ihr Fehlverhalten ein. Die meisten pöbelten zurück, wollten ihre Fete in Wassernähe und unter freiem Himmel nicht abbrechen. Dass sie dabei Tiere aus ihren Revieren vertreiben, störe sie nicht.
Strafen für falsches Handeln fehlen
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Schließlich haben sie für die Vorbereitung ihrer Privatfeten am Ruhrbogen viel Kraft aufgewendet. Im trüben Wasser des Flussarms blinkt ein Einkaufwagen. „Die leeren Flaschen, Speise- und Verpackungsreste lagen am nächsten Morgen verteilt in der Landschaft. Was die Menschen rücksichtlos liegenlassen, verteilt der Wind oder Vögel picken darin“, weiß Raddatz.
„Warum können diese Leute ihren Müll nicht wieder in den Einkaufswagen packen, das Zeug mitnehmen und korrekt entsorgen?“, fragt Raddatz. „Folgen keine Strafen, fühlen sich diese Menschen in ihrem falschen und dreisten Handeln doch nur bestätigt. Es gibt zu wenig Kontrollen.“
Das menschliche Nachtleben hängt am Stacheldrahtzaun
Am Stacheldrahtzaun zum Wasserwerksgelände hängt das komplette Bild des menschlichen Nachtlebens: Ein dreckiges Handtuch, zerrissene Slips, Einlagen, ein Tampon, ein T-Shirt, eine ausgefranste Jeans. Bier-, Sekt- und Wodkaflaschen, Aluminiumschalen mit abgenagten Knochen, Quark- und Marmeladendosen, Plastikverpackungen, geleerte Getränke- und Konservendosen, Zigarettenschachteln sowie ein Zelt mit verbogenen Stangen verteilen sich am Boden. „Was soll das?“, schüttelt Raddatz mit dem Kopf.
In mehreren Briefen an den Umweltamtsleiter Jürgen Zentgraf sowie an das Bürgerbüro hat er seine Verzweiflung geschildert, „wie Menschen rücksichtlos die Natur vermüllen“. Dabei seien es in den meisten Fällen Einheimische aus allen Altersgruppen. „Zuwanderer sind hier selten. Die ziehen nach einer Ermahnung ab. Aber auch von denen nehmen nicht alle ihren Müll wieder mit.“
Die Wege der Angler locken auch andere an
Gleichzeitig freut sich Raddatz über eine Frau, die vorgestern mit einem blauen Sack durch die Wiesen ging und den Müll der anderen einsammelte. „Auch diese positiven Einsätze sehe ich und finde dieses Engagement toll. Leider sind diese echten Lichtblicke selten.“
Weiter hinten, Richtung Stauwehr, ist ein Pfad zwischen dem Brombeergestrüpp freigeschlagen. Dort ziehen Angler durch zum Wasser“, weiß Hans-Peter Raddatz. „Aber diese Wege locken auch Menschen an, deren Müll am nächsten Tag im Ufergestrüpp liegt oder im Wasser schwimmt. Ob das den Fischen wirklich bekommt?“ Raddatz hebt hilflos die Arme.