Mülheim. In den Ferien werden viele Mülheimer in Länder fliegen, für die eine Reisewarnung gilt. Die Stadt kann nötige Quarantänen nicht kontrollieren.

Für alle Länder außerhalb der Europäischen Union – und für Schweden und Finnland – gilt noch bis mindestens Ende August eine Reisewarnung. Wer zurückkehrt aus diesen Staaten, muss sich für zwei Wochen in Quarantäne begeben. Das zu kontrollieren, ist, gerade mit Blick auf die Sommerferien, eine Mammutaufgabe für die Städte – oder schlichtweg nicht möglich.

Mülheimer wurde bei Einreise aus Türkei nicht kontrolliert

Als Heinz-Jürgen Knorra vergangenen Sonntag aus der Türkei nach Mülheim kam, wunderte er sich: keine Kontrollen bei der Ausreise in Antalya, keine bei der Einreise am Düsseldorfer Flughafen. „Es gab noch nicht mal eine Zollkontrolle“, sagt der Mülheimer, der seit fast 30 Jahren im Küstenort Alanya lebt und hier noch seinen Zweitwohnsitz hat.

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Eine Woche vor seinem Flug hat Knorra das Mülheimer Gesundheitsamt über seine Rückkehr informiert. Man habe ihm Unterlagen per Post zuschicken wollen, die seien aber nicht angekommen. Weil ihm keine Regeln auferlegt worden sind, hat Knorra nach der Ankunft auch sein Haus verlassen – dann stand am Mittwochnachmittag plötzlich das Ordnungsamt vor seiner Tür.

„Sehr unangenehm“ sei ihm das gewesen, dass er nicht da war. Weil der 79-Jährige aber bereits kommenden Sonntag zurück in die Türkei fliegt, habe die Stadt ihm nun keine Quarantäne verordnet.

Stadt Mülheim: „Wir haben keine Handhabe, das zu kontrollieren“

Die Verwaltung allerdings ist ohnehin verwundert, wie sie die Quarantänemaßgabe durchsetzen soll. Zu Beginn der Corona-Zeit habe es eine zentrale Erfassung der Rückkehrer am Frankfurter Flughafen gegeben; die Daten wurden an die Städte übermittelt. „Das wurde abgeschafft“, sagt Stadtsprecher Volker Wiebels. „Wenn sich die Rückkehrer nicht melden, können wir nichts machen. Wir haben keine Handhabe, das zu kontrollieren.“ Die Stadt setze auf Freiwilligkeit.

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Für viele ist die Corona-Einreiseverordnung trotzdem ein Grund, den geplanten Urlaub oder den Besuch bei der Familie nicht anzutreten. So zum Beispiel für Marina Demirciyan. Die 33-jährige Mülheimerin stammt aus Armenien, fliegt eigentlich jedes Jahr im Frühsommer mit ihrem Mann und ihrem Sohn für zwei bis drei Wochen zu ihren Eltern. Dieses Jahr wird die Reise ausfallen, werden die Großeltern ihren knapp zweijährigen Enkel nicht sehen können.

Einreise nach Armenien: „Zwei Wochen Quarantäne dort, zwei Wochen hier“

Marina Demirciyan hat die deutsche Staatsbürgerschaft. Bis mindestens Mitte Juli darf sie als Nicht-Armenierin nicht einreisen. Selbst wenn das Reisen danach wieder möglich wäre: „Wir müssten dort zwei Wochen in Quarantäne und hier bei der Rückkehr wieder.“

Negativer Corona-Test ersetzt Quarantäne

Eine Reisewarnung ist kein Reiseverbot. Es ist also erlaubt, zum Beispiel in die Türkei zu fliegen. Allerdings müssen Rückkehrer damit rechnen, 14 Tage in Quarantäne zu müssen. Für die Umsetzung ist das Land zuständig.

Sie können davon befreit werden, wenn sie bei der Einreise nach Deutschland einen negativen Corona-Test vorweisen können, der nicht älter als 48 Stunden ist.

Für die Türkei wurde nicht nur eine Reisewarnung ausgegeben, sie gilt auch als Corona-Risikogebiet.

Hinzu komme, dass sich in Armenien die Situation derzeit verschlimmert, eine zweite Corona-Welle mit täglich über 500 Neuinfektionen das Drei-Millionen-Einwohner-Land überrollt. „Wir wollen nicht in ein Gebiet reisen, das gefährlicher ist als Deutschland.“

Stadt Mülheim wartet auf „praktikable Lösung“ des Landes NRW

In der Türkei halten sich die Corona-Zahlen derzeit relativ stabil und sinken sogar leicht. Vermutlich werden sich viele der über 4600 in Mülheim lebenden Türken – plus die, deren Familien dort leben oder die Urlaub machen wollen – die Reise in die Heimat nicht nehmen lassen.

Wie die Auflagen nach ihrer Rückkehr geregelt werden sollen, bleibt weiter unklar. Stadtdirektor und Krisenstabsleiter Frank Steinfort hat sich am Donnerstag in einem Schreiben an den Städtetag und das Innenministerium gewandt. Die Stadt warte nun auf „eine praktikable Lösung“.