Mülheim. Der Mülheimer Streetworker Thomas Böhm hat schon einiges für Kinder und Jugendliche in der Innenstadt erreicht. Sein Job ist aber befristet.
Seine Einsätze tragen Früchte. Sozialarbeiter Thomas Böhm, seit November 2018 als Streetworker in der Innenstadt unterwegs, hat mittlerweile nach eigener Darstellung schon einige Konflikte von Kindern und Jugendlichen mit Anwohnern oder Ladeninhabern entschärfen können. Dem Jugendhilfeausschuss legte er jetzt seinen Tätigkeitsbericht für 2019 vor.
Großer Bedarf an Konfliktvermittlung
„Zu Beginn meiner Tätigkeit hatten wir den Schwerpunkt auf die mobile Jugendarbeit, auf präventive Freizeitangebote, gelegt. Bald hat sich aber gezeigt, dass Kinder und Jugendliche in der Innenstadt einen großen Bedarf an Unterstützung und Konfliktvermittlung im Rahmen von Streetwork haben. Seitdem werden auch Cliquenarbeit und Einzelfallhilfen durchgeführt“, berichtet der Sozialarbeiter.
Ein erstes Projekt brachte er im Mai 2019 zusammen mit dem Bildungsnetzwerk Innenstadt an den Start. Das Kultur-, Spiel- und Bewegungsangebot „Wildes Wohnzimmer“, jeweils freitags auf dem Synagogenplatz, wurde von bis zu 50 Kindern pro Termin gut angenommen. „Es waren fast ausschließlich Kinder aus ressourcenarmen Familien dabei, die von wirtschaftlicher Not und Diskriminierung berichteten“ , so der Streetworker.
„Wildes Wohnzimmer“ kam an und wird wiederholt
Die Effekte des „Wilden Wohnzimmers“: Die Kinder konnten die City als legitimen Ort des Spieles nutzen, erwachsene Anlieger konnten die Kinder als Bereicherung und nicht als Störenfriede erfahren. „Wir kennen die Anliegen der Kinder in der Innenstadt nun besser, können darauf reagieren. Und das Netzwerk zur Organisation solcher Aktionen ist weiter gewachsen“, erläutert Böhm. Zu seinen Aufgaben zählt es nämlich auch, Partner für seine soziale Arbeit zu finden. Über 15 Institutionen - von der Polizei über die Jugendzentren bis zu Beratungsstellen - sind schon dabei.
Das „Wilde Wohnzimmer“ soll 2020 erneut umgesetzt werden - wenn die Corona-Beschränkungen es zulassen. Da man Jugendliche mit der Veranstaltung nicht gut erreichen konnte, soll für sie zusätzlich eine „Chill-Station“ geschaffen werden, eine mobile Anlaufstelle mit Couch, Sesseln, Musikanlage, Ladestation und Kühlbox. „So etwas hatten sich die Jugendlichen bei einer Befragung gewünscht“, so Böhm.
Ein weiteres wichtiges Tätigkeitsfeld: das Aufsuchen von Cliquen, die immer wieder mal mit Gewerbetreibenden in der City in Konflikt gerieten. „Das sind vielfach junge Männer, die aus verschiedenen Gründen letztlich an den Rand der Gesellschaft gedrängt werden und diesen Prozess aus eigener Kraft nicht aufhalten können.“ Die konkrete Vermittlung zwischen Jugendlichen und Händlern gelang laut Böhm häufig. In Beratungsgesprächen wurde mehr gegenseitiges Verständnis geschaffen, wurden Lösungswege gefunden - was auch der Atmosphäre in der Innenstadt zugute gekommen sei. Außerdem glaubt Thomas Böhm vor allem die Senioren vor Ort dafür sensibilisiert zu haben, dass die jungen Leute in der City „nicht nur stören, sondern auch hilfreich sein können“.
Neben der aufsuchenden Arbeit und der „Chill-Station“ soll den Jugendlichen übrigens künftig auch ein regelmäßiges Sandsack- und Fitnesstraining beim CVJM angeboten werden.
Mitarbeiterin für Mädchencliquen wünschenswert
Die Möglichkeiten von Thomas Böhm sind begrenzt. Immerhin ist seine halbe Stelle, die aus Mitteln der Europäischen Union finanziert wird und bis Ende 2020 befristet ist, im März aufgestockt worden zu einer ganzen Stelle. „Um die kurzzeitigen Effekte langfristig wirksam zu machen, wären 1,5 Stellen für die Streetwork-Arbeit in der City noch besser“, sagt er. Wünschenswert sei eine weibliche Mitarbeiterin, die beispielsweise zu Mädchencliquen Kontakt aufnehmen könne. Im Team wäre auch eine unmittelbare fachliche Rücksprache möglich. Die Jugendlichen ihrerseits wünschten sich eine Anlaufstelle außerhalb des Rathauses.
„Die Kinder und Jugendlichen und das Gemeinwesen in der Innenstadt profitieren bereits nach einem Jahr von Streetwork und mobiler Jugendarbeit. Die Beziehungen werden aber über mehrere Jahre hinweg gepflegt werden müssen, damit die Jugendlichen soziale und individuelle Benachteiligungen oder Beeinträchtigungen überwinden können“, lautet das Fazit von Thomas Böhm. Mit einer Beendigung des Projektes Ende 2020 würden positive Entwicklungen direkt wieder abgebrochen.