Mülheim. Reinhilde Lüninghöner-Czylwik war 33 Jahre lang Pfarrerin an der Gnadenkirche in Mülheim-Heißen. Viel zu erzählen gibt es aus der langen Zeit.
In Heißen kennt man Reinhilde Lüninghöner-Czylwik, und die 64-Jährige kennt ihre Heißener. 33 Jahre lang war sie Pfarrerin in der örtlichen Evangelischen Kirchengemeinde, wohnte bis 2014 auch im Pfarrhaus am Hingberg. Im Juni wird sie 65. Zeit, aufzuhören und in den Ruhestand zu gehen. Am 24. Mai hätte es einen großen Abschiedsgottesdienst in der Gnadenkirche für sie geben sollen. Er war nicht durchführbar in Zeiten der Corona-Pandemie.
Viele Bergleute wohnten einst im Pfarrbezirk
Aus dem Oberbergischen kommt Lüninghöner-Czylwik ursprünglich, nach dem Vikariat in Remscheid und dem Hilfsdienst in Duisburg-Marxloh kam sie nach Mülheim, direkt nach Heißen. "Damals war die Struktur in der Gemeinde noch ganz anders. Ich hatte viele ehemalige Bergleute in meinem Pfarrbezirk", erinnert sie sich. Mehrere Neubaugebiete seien seither im Stadtteil entstanden. "Mittlerweile wohnen viele sozial bessergestellte Menschen hier."
Änderungen hat es einige gegeben in 33 Jahren. "Ein erster Einschnitt war der Wegfall des vierten Pfarrbezirks und der veränderte Zuschnitt der anderen drei Bezirke", berichtet die Pfarrerin. Auch der Abschied von der Friedenskirche, die 2014 aufgegeben wurde, ging der damaligen Presbyteriumsvorsitzenden nahe. Ebenso die Verlagerung der Kindergottesdienste zur Erlöserkirche. "Oder, dass ich die Konfirmanden-Arbeit abgegeben habe." Freudige Anlässe waren dagegen die Jubiläen: 2008 zum Beispiel feierte man das 125-Jährige der Gnadenkirche, in 2012 "125 Jahre Evangelische Kirchengemeinde Heißen".
Zahl der Gottesdienstbesucher nicht stark gesunken
Die Zahl der Gottesdienstbesucher in der Gnadenkirche habe sich einigermaßen gehalten. "Früher waren es sonntags 60 bis 70, heute rund 50 Personen", erklärt die Theologin. Den Gottesdienst zu feiern habe ihr immer besonders viel Freude gemacht. "Ich habe da einiges ausprobiert, mich nicht so streng an die Liturgie gehalten. Etwas Action eingebracht. Zum Beispiel habe ich in die Predigt gerne ein Gespräch mit der Gemeinde eingebaut", so Lüninghöner-Czylwik.
Den Tauferinnerungsgottesdienst hat sie eingeführt, ebenso die Taufkerzen für jedes Kind. Kunstaussstellungen hat sie in der Gnadenkirche veranstaltet, dieser "schönen alten Kirche mit ihren schmalen Holzsäulen und der Kassettendecke aus Holz". Aber auch - zusammen mit dem damaligen Küster - den Weihnachtsmarkt in der Kirche eingeführt.
Ökumene wurde in Heißen lange Zeit intensiv gepflegt
Stolz ist die Pfarrerin auch auf die vielen Freizeitangebote für die Gemeinde: zum Beispiel die Frauen- oder Seniorengruppen, den Morgenchor, den Spielenachmittag, den Treff 60 oder das Frühstückscafé. Und das Café International für Geflüchtete und Einheimische, das man mit dem CBE und der katholischen Gemeinde St. Joseph erfand. "Ökumene wurde hier im Stadtteil immer praktiziert. Der Höhepunkt war der ökumenische Kirchentag Heißen im Jahr 2000", sagt Lüninghöner-Czylwik.
Auch die Seelsorge hat sie gerne ausgeführt. "Das gibt einem auch viel zurück", sagt sie. Die Nöte der Menschen, findet sie, "haben sich in 33 Jahren nicht viel verändert". "Es sind weiterhin existenzielle Dinge, die da zur Sprache kommen. Die finanzielle Not in Heißen hat allerdings abgenommen. Wichtig ist das Zuhören, manchmal auch das Weiterverweisen an andere Hilfsstellen", erklärt die Pfarrerin.
Als Gottesdienst-Coach unterwegs sein
"Ich habe meinen Beruf immer geliebt, weil man kreativ sein muss und viel mit Menschen zu tun hat", sagt Reinhilde Lüninghöner-Czylwik. Kreativ will sie auch im Ruhestand bleiben - zum Beispiel meditative Texte schreiben oder sich der Steinbildhauerei widmen. Ganz ohne kirchliches Engagement wird die Zukunft nicht sein. Die Pfarrerin möchte in der Ladenkirche mithelfen, ihren Gesprächskreis beibehalten, Lektoren schulen und auch weiterhin Prädikantenanwärter in ihrer Ausbildung unterstützen. Eine Ausbildung zum Gottesdienst-Coach hat sie vor einiger Zeit selbst absolviert.
Info: Stelle wird neu ausgeschrieben
Eine Neubesetzung der Pfarrstelle schreibt die Evangelische Kirchengemeinde Heißen nun in Kooperation mit der Lukaskirchengemeinde aus.
Es handelt sich um eine volle Stelle.